Nach diesem harten Quartal mit einem gewaltigen Absturz auf nahezu allen Aktienmärkten, wollen wir natürlich alle gerne wissen, wie es bis zum Jahresende weitergeht. Eine schöne Jahresendrally würde uns allen sicher sehr gut tun. Niemand hat aber eine Glaskugel, auch ich nicht, aber trotzdem habe ich mir dazu natürlich ausführliche Gedanken gemacht, und den Markt aus allen Blickwinkeln analysiert. Am Ende entsteht daraus ein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten, dessen Ergebnis ich unseren Lesern nicht vorenthalten möchte, und das für mich persönlich die Grundlage meiner Positionierung Anfang Oktober sein wird. Da eine detaillierte Darstellung aller Parameter und Überlegungen in so einem Beitrag unmöglich ist, werde ich hier aber nur die Endergebnisse in stark vereinfachter Form und anhand des Charts des weltweit führenden Aktienindex S&P 500 darstellen können. Die unten genannten Wahrscheinlichkeiten sind natürlich nicht als exakte Werte zu interpretieren, sondern sollen nur grobe Orientierung ermöglichen.
Fundamental haben die Bewertungen vieler Aktien im deutschen Markt Niveaus erreicht, die langfristig hoch attraktiv sind. Selektives Stockpicking im deutschen Markt könnte also schon heute lohnend sein. Im amerikanischen Markt war der Absturz dagegen wesentlich schwächer ausgeprägt, was bedeutet das viele US Aktien noch einiges Potential nach unten haben.
Markttechnisch zeigt der deutsche Markt, nach seiner exorbitanten Schwäche im August nun endlich relative Stärke. Der DAX macht den Eindruck, als ob er nun einfach nach oben will. Im S&P 500 dagegen sehen wir eine deutliche Schwäche. Selbst die Mischung aus Window-Dressing zum Quartalsende, guten Arbeitsmarktdaten und der positiven Abstimmung im deutschen Bundestag konnte die amerikanischen Indizes am Donnerstag nicht nach oben bewegen. Ein klares Zeichen von Schwäche, das von der überdurchschnittlichen Schwäche des NASDAQ unterstrichen wird, zumal der NASDAQ normalerweise ein guter Frühindikator für künftige Bewegungen ist. Dies könnte ein schlechtes Omen für Anfang Oktober sein, wenn die Kaufprogramme wegbleiben, die nun zum Quartalsende bestimmte Kursmarken verteidigen.
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Charttechnisch haben wir beim S&P500 im Bereich um die 1120 Punkte eine ganz entscheidende Marke, an der der Markt bisher immer nach oben gedreht ist. Sollte diese Marke fallen, geht es mit hoher Wahrscheinlichkeit bis in den Bereich von 1020 herunter, der dem 2010er Tief entspricht, und gut unterstützt ist. Dieser Bereich, grob gesagt um die 1000 Punkte, ist dann die letzte Verteidigungslinie, wie man am langfristigen Chart sehr gut erkennen kann. Sollten wir die 1000 nicht halten können, hätte das dramatische Konsequenzen, und würde wahrscheinlich eine Jahre andauernde Baisse einleiten. Da ein grosser Absturz aber oft aus zwei Phasen besteht, mit einer Konsolidierung in der Mitte, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir gerade erst in der Konsolidierung sind und uns der zweite Teil des Absturzes noch bevor steht.
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Saisonal steht das traditionell starke 4. Quartal vor uns und in diesem Quartal vereinen sich die Wünsche von Wallstreet, Notenbank und Regierung zu einer Einheit: die Kurse müssen hoch ! Sie müssen hoch um die Boni zu sichern, um die Reputation der FED zu retten und um Obama die Chance auf Wiederwahl zu ermöglichen. Es ist in meinen Augen riskant, sich dem vereinten Wunsch dieser Mächte in den Weg zu stellen. Allerdings steht uns nun mit dem Oktober ein traditionell schwacher Monat bevor, und die Wallstreet hat sicher nichts dagegen sich zunächst bessere Einstiegskurse zu verschaffen, um darauf aufbauend dann eine Jahresendrally zu starten.
Politisch spricht viel dafür, dass im Oktober eine Entscheidung hinsichtlich der Griechenland-Problematik fällt. Denn dann ist der EFSF endlich scharf geschaltet, und damit hätte das europäische System genügend finanzielle Firepower um eine geordnete Insolvenz Griechenlands abfedern zu können. Diese Entscheidung könnte dann auch der Wendepunkt sein an dem die Märkte zu einer Jahresendrally starten. Zusätzlich zu den oben genannten Faktoren hat Ben Bernanke aktuell sehr eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er eine Deflation auf keinen Fall zulassen wird. Nach einem weiteren Absturz der Kapiatalmärkte könnte dann auch eine von den Anlegern ersehnte FED Intervention den Wendepunkt darstellen.
Das für mich wahrscheinlichste Szenario mit 50% ist ein Absturz des S&P 500 im Oktober bis in den Bereich 1020, mit nachfolgender Jahresendrally bis knapp unter die 1300 Punkte Marke. Mit 10% davon möglich, aber eher unwahrscheinlich, ist das der Absturz im Bereich von 1000 keinen Halt findet und wir weiter abtauchen. Bei sehr positiven politischen Nachrichten ist auch ein direkter weiterer Anstieg im Oktober möglich, aber nur mit 30% Wahrscheinlichkeit. Mit 20% eher unwahrscheinlich ist, dass wir auch im Oktober weiter in der Tradingrange bleiben und uns den kompletten Monat seitwärts bewegen. Das ist meine Sicht der Dinge auf den Oktober und bis zum Jahresende. Der DAX würde sich diesen Bewegungen nicht entziehen können, auch wenn wir nun die Chance haben, dass er gegenüber dem S&P 500 eine Überperformance erzielt.
Ich wünsche uns allen die richtigen Entscheidungen und viel Erfolg im Oktober ! (HS)
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Ich werde die Schwäche im Oktober kaufen,da Ich davon ausgehe dass wir zum Ende des Jahres doch wieder etwas hoch gehen werden.Wahrscheinlich auch bis ins Frühjahr rein,weswegen Ich auch einige meiner Dividenden Titel dann auch nicht vorab verkaufen werde.
Ich hatte übrigens mit Hari im August einige defensive Dividenden Titel besprochen als der Absturz kam.Einige davon waren American Reynolds,Merck&co,Eli Lilly,Altria und At&t. Die Strategie war goldrichtig wie man an den charts erkennen kann.Mann konnte seine Kaufkraft erhalten,mehr noch bei allen genannten Aktien Kurssteigerungen und Wechselkursgewinne erzielen + bei der ein oder anderen noch die Dividende einsacken.
Jetzt gilt es zum Ende des Jahres hin bei der ein oder anderen Deutschen Aktie die stark an Wert verloren hat,wieder zuzugreifen. Ich denke da an Basf,HeidelbergCement,Klöckner,Bauer,Gildemeister oder Kuka.
Wie seht ihr das und was genau kommt bei euch in die engere Wahl ?
Gruss
Lb.
Im Grunde genommen hat der in etwa die Steuern so reformiert wie das mal ein Herr Kirchhoff für unser Land vor hatte. Dem dann eben zum einen die große Koalition, aber auch die oportunistische Machtbesessenheit unserer politischen Klasse zum Verhängnis wurde.
Andererseits hätte Frau Merkel nun mit der FDP genau so ein Steuerkonzept durchsetzen können!
Na ja, und wenn die Slowakei nicht zustimmt, dann bekommt sie eben eine Ausnahmeregelung für den EFSF. Ist das wirklich so lapidar zu sehen? Sicherlich wird es dann so kommen, aber eine gute Signalwirkung gerade im Bezug auf kommende Entscheidungen ist das dann wohl nicht!
Danke Lars. Auch wenn ich mit ihm nicht in allem einer Meinung bin, ganz vernünftige Gedanken wie ich finde. Es ist schon bezeichnend für den Zustand unserer Demokratie, dass man in die Slowakei gehen muss um einen Spitzenpolitiker zu lesen, der in der Lage ist sich eigene, klare Gedanken zu machen. Dabei teilt diese Sicht mit Sicherheit ein hoher Prozentsatz unseres gebildeten Bürgertums. Es fehlt nur die Partei, die man dafür wählen könnte.
„Das macht mich sehr wütend und ist das Ergebnis dieses perversen Listenwahlrechts, dass statt Kompetenz rückratlose Parteikarrieristen selektiert, die um jeden Preis in der Parteihierarchie hoch robben müssen um einen Listenplatz zu bekommen.“
Amen
Matthew, zu Deinen Fragen meine persönliche Meinung:
Slowakei ? Völlig irrelevant. Politiker wie Schäuble, die sich in ihrem Rettungswahn von bestehenden EU Verträgen nicht aufhalten lassen, werden sich bestimmt nicht von einem Votum der Slowakei stoppen lassen. Dann bekommen die halt eine Sonderklausel.
Reicht ? Für Griechenland und die Folgen daraus locker. Für Portugal wahrscheinlich auch noch. Das wars dann aber. Darum geht es doch aber schon gar nicht mehr. Es geht um Vertrauen in die Lösungskompetenz der Politik und deswegen ist jede Summe zu klein, weil das Vertrauen in die Politik verspielt wurde. Würde man den Fond mit Billionen ausstatten um auch Italien abfangen zu können, würde sich die Märkte sofort und zu recht Frankreich und auch Deutschland vorknöpfen die das bezahlen müssten. Das ist doch der Irrsinn der Politik, sie begreift immer noch nicht, dass es gar nicht mehr um Geldsummen geht. Es geht um Führung und damit verbunden Vertrauen in die Lösungskompetenz.
Die Stärke des DAX hatte nichts mit der Erwartung von Stärke des Euros zu tun. Diese Rally beruhte ganz simpel darauf, dass der Markt nun denkt, dass die Finanzwirtschaft nun mit (unseren) Steuergeldern rausgekauft wird. Der DAX wurde von den Finanzwerten getragen. Industrieaktien waren auch letzte Woche sehr schwach, schau Dir mal BASF, Rheinmetall, Volkswagen etc oder Rohstoffwerte wie Rio Tinto letzte Woche an und vergleiche das mit Deutsche Bank, Allianz und Co. Dann weisst Du was letzte Woche los war. Da wurde eine Umverteilung von Volksvermögen in die Finanzindustrie gefeiert. Gelobt seien unsere glorreichen Sozialarbeiter, Lehrer und Juristen in Bundestag und Regierung, die ehemaligen Finanzbeamten natürlich nicht zu vergessen ….
Und falls Du meine Zeilen oben zu sarkastisch findest, habe ich hier einen schönen Link: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,789405,00.html
Das macht mich sehr wütend und ist das Ergebnis dieses perversen Listenwahlrechts, dass statt Kompetenz rückratlose Parteikarrieristen selektiert, die um jeden Preis in der Parteihierarchie hoch robben müssen um einen Listenplatz zu bekommen.
Hallo all, habe gerade folgendes gefunden und finde die Gedankengänge sehr interessant, und durchaus relevant…“Ihr Land steckte vor einigen Jahren selbst in großen Schwierigkeiten: Sie mussten die Großbanken sanieren, viel Geld sparen, Sozialleistungen kürzen. Können die Griechen etwas lernen von den Slowaken?
Was uns am meisten geholfen hat, war die Steuerreform, an der ich mitgewirkt habe. Wir haben fast 200 Steuerausnahmen gestrichen und einen Einheitssatz von 19 Prozent für die Einkommensteuer eingeführt. Dadurch stieg die Steuermoral, und damit stiegen auch unsere Steuereinnahmen.“
http://www.fazfinance.net/Aktuell/Wirtschaft-und-Konjunktur/Der-Euro-funktioniert-nur-wenn-Staaten-pleitegehen-4390.html
Das Problem ist im Moment, daß der Markt positive fundamentale Daten ignoriert, wie man beispielsweise bei der Bauer Ag, BMW, VW um nur einige Beispiele zu nennen, sehr deutlich sieht.
Während negative Sachverhalte beispielsweise bei den Solarwerten zu dramatischen Kursverlusten führen bzw. führten.
Hieraus ziehe ich im Moment für mich das Fazit, das positive Fundamentaldaten von mir nicht gekauft werden, egal wie günstig eine Aktie zu sein scheint.
Ich mein klar unter langfristigen Gesichtspunkten könnte man das vielleicht machen und vielleicht sollte man dann wirklich besser die nächsten 10 Jahre verschlafen.
Woran man sich zur Zeit gut kurzfristig orientieren kann, ist sicherlich die Charttechnik als Rahmen, die letztlich aber in diesen Zeit über die Maßen von der Politik dominiert ist.
Eine dramatische Nachricht kann dann eben ein bullishes Szenario in ein bearishes verwandeln oder umgekehrt führt alleine die Hoffnung auf irgendeinen Geldsegen zu dramatischen Kursanstiegen.
Und so sieht das wohl auch wieder für diesen Monat aus, daß das Hauptaugenmerk auf der politischen Ebene liegen sollte!
Ist es zu erwarten, daß die Politik recht bald eine gute und wirtschaftlich vernünftige Lösung für die Euro-Krise bzw. im speziellen für Griechenland präsentiert?
Oder geht man eher davon aus, daß es weiterhin bei einem großen Hick-Hack bleibt?
Leider sehe ich zur Zeit viel zu viele dunkele Wolken und jede Menge unfähiger Politiker bzw. Sozialarbeiter, Pädagogen, Juristen,…!
Zu dem Thema hab ich jetzt noch konkrete Fragen und würde mich über Einschätzungen von Lars und Hari sehr freuen:
1. wie bewertet ihr das Risiko, daß die Slowakei am 11.10. der Erweiterung der Haftungssumme nicht zustimmt!? Und wie würdet ihr das Ausmaß der Folgen bewerten?
2. Wenn nun doch diese 440 Mrd. beschlossen werden! Reicht diese Summe oder reicht sie nicht?
3. Die Hoffnung auf das Szenario, daß dieser Betrag dann gehebelt wird, in dem der EFSF als eine Art Bank fungiert, hat ja letzte Woche zur kurzfristigen Stabilisierung des Euros und des Daxes beigetragen.
Aber müßte die Verabschiedung eines solchen Instrumentes nicht auch wieder durch alle Parlamente? Und war die jetzige relative Stärke des Daxes nicht auch eine Folge der Erwartung eines steigenden, stabilen Euros?
Am Ende möchte ich noch die sehr analytische und übersichtliche Zusammenfassung des Ausblicks für das kommende Quartal von Hari loben und auch der Chart-Wochenüberblick von Lars war ein perfekter Rahmen für die vergangene Woche!
Vorbildlich!
Euch allen einen schönen Sonntag, eine grandiose Woche und hoffentlich gutes Handeln.