Die Welt hat sich verändert..

Spanien ist Europameister und Italien hat Deutschland im Halbfinale rausgeschossen. Das ist das kurze Fazit der Europameisterschaft 2012, ebenso wie das Ergebnis des letzten EU Gipfels. Nachdem nun wieder das normale Leben nach der Europameisterschaft beginnen kann wird wohl auch der ein oder andere etwas intensiver über die Geschehnisse letzten Donnerstag/Freitag (sehr lesenswert) nachdenken. Die Folgen der Beschlüsse haben am Freitag zu einer klassischen Erholungsrally geführt die sich auch in den USA dann weiter fortgesetzt hat. Und so ist nun zur Abwechslung mal wieder eine gute Börsenwoche zu erwarten, auch wenn sich die Fachleute eher skeptisch zeigen ob diese Bewegung nun von Dauer sein kann. Denn die eigentlichen Probleme bleiben ungelöst. Schulden immer wieder mit neuen Schulden zu bekämpfen wird nicht dauerhaft funktionieren können. Sollte nun der Reformwille der Club Med Staaten nach den getroffenen Gipfel Beschlüssen weiter nachlassen wird dies letztlich nur dazu führen dass wir uns noch schneller auf den Abgrund zubewegen.

Ich persönlich bin noch immer einigermaßen schockiert darüber dass sich unsere Kanzlerin so überrumpeln ließ. Die Art und Weise wie Spanien und Italien uns erpresst haben ist geradezu ein Sinnbild dafür wie weit wir in Europa von Harmonie und  Einigkeit entfernt sind und in diesem Zusammenhang darf durchaus gefragt werden ob es überhaupt möglich ist jemals eine gemeinsame Nation a la Vereinigte Staaten von Europa zu bilden. Das Verhalten von Mariano Rajoy und Mario Monti kann man wohl nicht gerade als partnerschaftlich bezeichnen! Dass Monti im Anschluss noch rumstolziert und die baldige Einführung von Eurobonds verkündet, obwohl davon auf dem Gipfel offenbar nicht die Rede war, setzt dem ganzen noch die Krone auf. Angela Merkel hätte wohl aus deutscher Sicht bereits nach den ersten Anfeindungen ihre Koffer packen und nach Hause fliegen sollen. Dann wäre der Gipfel geplatzt, Spanien und Italien wären innerhalb von Tagen eingeknickt, oder die Eurozone innerhalb der nächsten drei Monate zerfallen. Das wäre wenigstens ein klares Ergebnis gewesen!

Für viele Privatanleger waren die Fussballspiele der letzen Wochen eine willkommene Ablenkung, da bin ich mir ganz sicher! Nun aber kehrt die Realität zurück. Europäische Politiker haben wieder einmal Löcher gestopft und der Hoffnung das am Ende genügend Zeit erkauft wurde um den Euro zur retten. Dass sich dabei aber immer klarer heraus kristallisiert dass wir Europäer in vielen Punkten eigentlich gar nicht zueinander passen wird weiterhin ignoriert. Es ist wie in einer Beziehung, man kann es eine zeitlang miteinander aushalten für eine Hochzeit reicht es dann aber doch nicht. Und begeht man den großen Fehler trotzdem zu heiraten ist die Ehe von Beginn an zum Scheitern verurteilt.

Warum wir als Geldgeber  keinerlei greifbare Sicherheiten für die Unterstützung andere Staaten bekommen können wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Jedes Unternehmen dieser Welt muss sein Tafelsilber in Krisenzeiten verpfänden um an weitere und dringend benötigter Kredite zu kommen. Warum gilt dies nicht für angeschlagene Länder? Italien beispielsweise sitzt auf den zweitgrößten Goldreserven dieser Welt. Griechenland ist im Besitz hunderter Inseln und Mallorca ist sowieso schon in deutscher Hand. Nicht dass diese Besitztümer etwa na uns abgetreten werden müssten, aber als Sicherheit im Falle das die geliehenen Gelder nicht zurückgezahlt werden wären sie allemal brauchbar.

Ich fürchte die direkte Folge aus den Beschlüssen des EU Gipfels wird nicht etwa eine dauerhafte Beruhigung sein sondern viel mehr nun dazu führen dass Deutschland in den negativen Strudel hineingezogen wird. Bereits jetzt ziehen sich gr0ße Investmentgesellschaften aus Deutschen Anleihen zurück. Deutschland dürfte seinen Ruf als sicherer Hafen bald verloren habe. Italienische und spanische Anleihen sind hingegen die großen Gewinner, wie man heute bereits an den Anleihemärkten sehen kann. Goldman Sachs hat seinen Kunden heute sogar zum verstärkten Kauf dieser Produkte geraten. Die Gewinner dieser Entwicklung dürften auch die europäischen Bankenwerte sein wie man am Freitag bereits eindrucksvoll an den Aktienkursen ablesen konnte. Ob diese Entwicklung dauerhaft sein wird bleibt aber noch abzuwarten, denn abgerechnet wird bekanntlich zum Schluss. Dennoch sehe ich nun grundsätzlich im Finanzsektor wieder große Chancen.

Am Ende bleibt ist die Erkenntnis dass es nun noch wichtiger geworden ist jeden Euro den man an der Börse verdient unbedingt festzuhalten und man auch künftig keinen Gelegenheit mehr verpassen darf sein mühsam angespartes Kapital weiter zu vermehren. Denn die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Geld- bzw. Kaufkraftentwertung aus deutscher Sicht ist seit Freitag noch einmal deutlich gestiegen. Wer sein Kapital zumindest erhalten will wird also Renditen erwirtschaften müssen, und das dürfte in den nächsten Jahren vorwiegend am Aktienmarkt zu erreichen sein. Die Investitionszyklen hingegen werden sich weiter verkürzen. Und man sollte wohl einen Teil seines Vermögende unbedingt ausserhalb der Euro Zone investieren! Man muss also künftig noch schneller und noch flexible agieren als in den letzten Monaten, und vor allem noch viel konsequenter Verluste vermeiden. Die Welt hat sich aus Sicht eines deutschen Privatanlegers am 29.06.2012 deutlich verändert…leider mal wieder in die falsche Richtung. 

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4 Comments

  1. Jürgen said:

    Für mich bilden die derzeit im Bundestag vertretenen Parteien faktisch eine einzige Partei, die CDU-CSU-FDP-SPD-GRÜNE-Einheitspartei. Regierung und Opposition wollen in allen wichtigen Fragen das Gleiche. Rot/Grün alleine wäre sicherlich noch verheerender, das ist aber ein sehr schwacher Trost. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet die Linkspartei, die für mich unwählbar ist, am Freitag gegen den ESM gestimmt hat. Aus meiner Sicht hat Frau Merkel sehr viele denkbar schlechte Aussagen getroffen, ihre frühzeitige Festlegung etwa dass sie den Euro aufjedenfall um jeden Preis verteidigen wird (wenn das kein Lockruf für big money ist, weiß ich es auch nicht) oder ihre hochdramatische Aussage, dass angeblich Europa scheitert wenn der Euro scheitert. Dieser Unsinn fällt ihr jetzt vor die Füße. Ständig fällt sie zudem um, was nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme ist. Monti und Rajoy haben es doch nur deshalb probiert, weil die Wahrscheinlichkeit hoch war, dass Merkel auch diesmal umkippen würde, leider zuverlässig wie immer. Das wird nicht gut für Deutschland enden.

    • Lars said:

      Nein Jürgen das wird wirklich nicht gut für die Deutschen enden. Umso mehr muss man sich wohl in den kommenden Monaten und Jahren intensiv um sein Vermögen kümmern und versuchen die zu erwartenden unschönen Effekte daraus aufzufangen bevor sie überhaupt eintreffen. Insbesondere vor einem möglichen Machtwechsel in Deutschland auf Rot/Grün sollte man die Weichen dann wohl gestellt haben…

  2. Jürgen said:

    Merkel möchte eben unbedingt als große Europäerin in die Geschichte eingehen, koste es was es wolle. Und insbesondere nicht als die Kanzlerin, zu deren Amtszeit der Euro auseinandergebrochen ist. Anstatt dass sie den Südländern einfach mal sagt wo es langgeht, läßt sie sich durch ihre völlige Inkompetenz wieder und wieder über den Tisch ziehen. Deutschland braucht den Euro? Garantiert nicht so sehr, wie ihn der Club Med braucht. Das richtige Konzept ist es dann auch nicht einfach immer umzufallen, sondern klarzumachen, dass Deutschland notfalls eben selber austritt. Was es auch tun sollte, wenn sonst keiner mitspielt.

    • Lars said:

      Hallo Jürgen, erst einmal herzlich willkommen hier im Blog! An dieser Stelle würde ich aber gerne unserer Kanzlerin zur Seite springen, denn ich persönlich bin der Meinung dass sie in den letzten Wochen einen wirklich guten Job gemacht hat. Hätten wir jetzt eine rot/grüne Regierung wären wahrscheinlich schon lange alle Papiere unterschrieben worden, die dazu führen das Deutschland seine gute Stellung bald verliert und noch unsere Urenkel mit sinnfreien Steuern gequält werden, um das alles zu bezahlen.

      Das Verhalten von Monti ist aus meiner Sicht nicht nur in der Kategorie „Das tut man einfach nicht“ einzustufen. Hier wurde das zuvor verabredete Wachstumspakt, dass wir eigentlich sowieso nicht wollten, plötzlich infrage gestellt um Angela Merkel offensichtlich zu erpressen. Getroffene Zusagen werden coram publico in Frage gestellt um einen einseitigen Vorteil zu erzielen. Sicherlich geschah dies auch mit einem gewissen Mut der Verzweiflung, in jedem Falle zeugt Montis Angriff mit der Brechstange aber von schlechtem Stil, und wird hoffentlich auch noch Konsequenzen haben.

      Frau Merkel hätte den Gipfel verlassen sollen. Spätestens am Montag wären die Renditen für spanische und italienische Staatsanleihen dann wohl auf acht Prozent angestiegen, die Börsen nochmal um mindestens fünf Prozent eingeknickt, aber die Verhandlungsposition Deutschlands wäre danach um einiges besser gewesen. Letztlich hat Sie es nicht getan und Europa damit zunächst einmal mehr vor dem drohenden Supergau bewahrt. Ich bin inzwischen, unabhängig von den Ereignissen Ende letzter Woche, davon überzeugt, dass wenn überhaupt jemand den Euro noch retten kann, dies unsere Kanzlerin sein wird. Nicht das ich mir die Rettung zwingend wünschen würde, aber die Alternativen dazu sind eben auch nicht gerade sexy…

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