Wir haben ohne Zweifel eine neue Situation an den Märkten, die es nun genau zu beobachten gilt. Fachleute und Daueroptimisten rätseln nun über die Ursachen dieses plötzlichen Trendwechsels und werden natürlich sofort bei den einfachsten und naheliegendsten Erklärungen fündig. Was ist also passiert? – War das Erreichen der runden 10.000 Punkte Marke doch eigentlich schon ausgemachte Sache… und dann dieser Kursrutsch! Doch zu den Erklärungen später mehr…
Vorab sei gesagt, dass an der Börse selten das passiert was die Mehrzahl der Marktteilnehmer glaubt oder gerade dann nicht, wenn ALLE es glauben! Auch diese These habe ich ja zuletzt mehrfach hier im Investors Blog und auch in den letzten Ausgaben des kostenlosen Börsenbriefs thematisiert und dementsprechend zur Vorsicht gemahnt. Nicht selten hingegen wird von den Bankhäusern noch einmal richtig gute Stimmung verbreitet bevor so etwas passiert, damit man die Aktienpakete noch schön an die Privatanleger abgeben kann. Man nennt das auch die Distributions-Phase. Erkennbar wurde der Stimmungswandel schon lange vor diesem eigentlichen Ereignis in diversen Divergenzen in den wichtigsten Charts dieser Welt. Hören und sehen wollten das aber offenbar in der allgemeinen Euphorie die Wenigsten. Hier noch einmal der Chart vom Dienstag:
Die Korrektur, die sich bereits am Dienstag ernsthaft andeutete, (siehe Chart) ist nun erstmalig seit vielen Monaten ein Ereignis dass den Namen „Korrektur“ auch wirklich verdient hat. Und das ist grundsätzlich gut so! Verstehen Sie mich nicht falsch – niemand freut sich über fallende Aktienkurse, wenn er im Markt long investiert ist. Aber eine Korrektur war längst überfällig und sie ist sehr wichtig damit DAX und Co. schlussendlich irgendwann weiter steigen können. Das bislang an der Seitenlinie stehende Kapital erhält somit endlich die Chance zu günstigeren Kursen in den Markt zu kommen. Die eigentlich spannende Frage ist also eher wie weit diese Korrektur gehen kann, bevor wir wieder steigende Kurse sehen werden…?
Zu den Erklärungen des Marktes/der Fachleute: Angeführt werden hier zum einen die Währungsturbulenzen in Argentinien und der Türkei wie auch in anderen Schwellenländern, ebenso wie die jüngsten Ereignisse in China. ABER: Der argentinische Peso verliert gegenüber dem US Dollar bereits seit 2008 deutlich an Wert (zwei Drittel), ebenso wie die türkische Lira, die sogar innerhalb der letzten 6 Jahre satte 90 gegenüber dem Greenback verloren hat. Das was wir hier gesehen haben war also wahrscheinlich nur das Finale eines schon lange existierenden schleichenden Prozesses. Ich kann das Argument auch aus verschiedenen anderen Blickwinkeln nicht gelten lassen, die ich aber gar nicht im Einzelnen hier aufführen möchte.
Die Wachstumsraten in China sind immer noch auf hohem Niveau und sollten so langsam niemanden mehr ernsthaft „schockieren“. Das dürfte also ebenfalls nicht der eigentliche Grund sein, ebenso wenig wie die gesunkenen Einkaufsmanager-Indizes. Die neue Strategie der chinesischen Regierung ein Exempel zu statuieren, um die Ãœberkapazitäten die durch die jahrelange, lasche Kreditvergabe entstanden sind zu beseitigen, hingegen schon! Erstmalig in der Geschichte Chinas ist der Staat nicht zur Rettung eines in die Pleite gegangenen Unternehmens angetreten, um die Investoren vor dem Verlust Ihres Kapitals zu bewahren!
Das Unternehmen heißt Shanxi Zhenfu, ist ein Kohleproduzent und wurde über den Credit Equals Gold 1 Collective Trust Fonds und die Industrial and Commercial Bank of China an vermögende chinesische Kunden vertrieben. Diese dürften die 500 Millionen Dollar, die als verbriefte Kredite vergeben worden sind, nun wohl verlieren. Und damit wird vielen tausenden Anlegern gleichzeitig klar, dass ihr Geld in China nicht mehr staatlich gesichert ist, wie bislang… Was passiert? Geld wird massenhaft abgezogen und umgeschichtet. Das dürfte eine Erklärung für die massiven Verluste an den chinesischen Börsen sein, die wiederum Kursverluste in Europa und den USA nach sich zogen.
Aber es gibt durchaus noch ein weiteres gewichtiges Argument, warum all das gerade jetzt passiert…. Sie ahnen es vielleicht. Es hängt mit der FED Sitzung in der kommenden Woche zusammen. Hier erwartet der Markt weitere Angaben zum Tapering und befürchtet, dass die nächste Charge der Kürzungen, trotz der eher durchwachsenen Berichtssaison, zu hoch ausfallen könnte. Wobei noch die Frage offen bleibt was „zu hoch“ eigentlich ist? Letztlich ist das aber auch fast schon egal. Die US Wirtschaft befindet sich zwar auf dem Wege der Besserung, ist aber nach wie vor schwach unterwegs. Die Quartalszahlen der Unternehmen bestätigen dies eindrucksvoll.
Somit hat der Markt – wie so oft – den Druck auf die FED im Vorfeld der Sitzung erhöht, damit es eben keine großartigen Änderungen an den derzeitigen Liquiditäts-Programmen gibt. Zumindest sollten diese bitte nur sehr moderat ausfallen. Ich habe des beim letzten mal her im Blog den „Erpresser-Trade“ genannt und das trifft es wohl auch ganz gut! Die FED hingegen hat nun, durch den Absturz der Märkte, sozusagen eine Steilvorlage bekommen genau dies ohne Gesichtsverlust auch zu tun! Sprich, sich auf die nach wie vor schwache Konjunktur und die Fragilität der Finanzmärkte zu berufen, und die Anleihekäufe auf dem derzeitigen Niveau zu belassen, oder nur geringfügig zu reduzieren.
In der kommenden Handeslwoche ist also alles möglich. Ein Bounce spätestens nach der FED Sitzung, ebenso wie ein weiterer Kursrutsch, der den DAX an die 9.000er Marke heranführt. In jedem Falle wird die Woche wohl ungemütlich und hoch volatil. Wie immer in solchen Phasen der Unsicherheit empfiehlt es sich die Investitionsquote etwas herunter zu fahren und eher auf Sektoren zu setzen, die von solchen „Risk Off“-Phasen profitieren. Der Gold-Trade war an dieser Stellen also richtig! Wie entscheiden die aktuelle Marktphase beim Goldpreis nun ist soll Ihnen der aktualisierte Chart noch einmal verdeutlichen:
Die Perspektiven für Gold im Jahr 2014 haben sich nach den ersten Wochen weiter verbessert, auch wenn überschwänglicher Optimismus (noch) nicht angebracht ist. Nicht ohne Grund dürfte sich gerade China zuletzt weiterhin massive mit dem Edelmetall eingedeckt haben. Die wichtige Marke von 1.268,- Dollar wurde in der abgelaufenen Woche nun wie erwartet mehrfach getestet. Damit bleibt der Goldpreis nicht nur in dem von mir beschriebenen neuen Trendkanal (grün), sondern hat auch den mittelfristigen Abwärtstrendkanals (blau) nach oben verlassen und ist im Begriff den langfristigen Abwärtstrendkanal (schwarz) wieder zurück zu erobern. Gelingt nun also der Sprung über diese Hürde besteht auch die realistische Wahrscheinlichkeit dass der Goldpreis die nächste wichtige Marke bei ca. 1.350,- Dollar ansteuern wird.
Das heißt aber nicht zwingend, dass wir es hier nun mit einer echten Trendwende an den Aktienmärkten zu tun haben. Denn der aktuelle Trend der großen Indizes ist, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt keineswegs in Gefahr. Der letzte Anstieg hat sich lediglich als klassische Bullenfalle erwiesen, was zur Folge hatte, dass gerade die Aktie die zuletzt noch einmal stark zulegen konnten nun etwas korrigiert haben. Letztlich befinden wir uns damit aber immer noch auf den schwindelerregenden Niveaus, die wir zum Jahreswechsel gesehen haben. Korrekturpotenzial wäre auch aus fundamentalen Gründen genügend vorhanden, wenn da nicht die gigantische Liquiditätswelle wäre…
Mein Rat an dieser Stelle ist somit der gleiche wie schon im letzten Artikel zu diesem Thema. Achten Sie verstärkt darauf wie sich die Banken- und Finanzwerte entwickeln, gehen Sie etwas aus dem Risiko und erwarten Sie deutliche Rücksetzer bei den Trendaktien der vergangenen Wochen… Und, wenn Sie wollen, setzen Sie u.U. mit einem Teil Ihres Depots auf eine Trendwende beim Gold. Aus heutiger Sicht kann man zwar noch keine seriöse Aussage über die zu erwartende Richtung der Indizes in den kommenden Tagen treffen, aber ich habe eine grobe Vorstellung davon, wie es mittelfristig laufen könnte. Mehr dazu in Kürze hier auf Investors Inside…
Ich wünsche Ihnen nun die richtigen Entscheidungen und gute Nerven in den nächsten Tagen, Ihr
Lars Röhrig
P.S. …und nicht vergessen! Morgen ist Apple-Tag!
Der Apple Abend war leider ziemlich madig…
Wo wird die Reise jetzt hingehen – aussitzen oder besser raus?
VG,
jo3ran
Ja das war nicht unbedingt das was ich erwartet hatte…
Aber die erste Reaktion des Marktes ist erfahrungsgemäß nicht unbedingt immer die richtige… und Panik sicherlich kein guter Ratgeber! Rekordverkäufe bei iPhone und iPad und dann das…stagnierender Gewinn und eine verhaltene Prognose für das nächste Quartal. Na gut, das kennen wir ja schon! Die Frage ist wie die Daten mit den China Mobile Verkäufen im nächsten Quartal dann tatsächlich aussehen werden
Ich warte jetzt erst einmal ab bis sich die Wogen geglättet haben. Ob das richtig ist wird sich zeigen…
Gruß, Lars
Wieder ein ganz hevorragender Nussletter DANKE
Hallo Andrea,
das freut mich natürlich dass Dir der Nussletter gefällt 🙂 Morgen wird es wohl nochmal turbulent und dann schaun wir mal. Ich melde mich dann wie gewohnt wieder hier.
Schönen Abend, Lars