Man darf gespannt sein, wann dieses Mal der solare Kater nach der gestrigen Börsenparty einsetzen wird. Letztlich bin ich mir nicht sicher ob die Pläne unserer Regierung so umgesetzt werden wie das momentan in den Medien präsentiert wir, bzw. ob diese überhaupt umsetzbar sind. Der Atomausstieg dürfte für uns Bürger und die Industrie weitreichende Folgen haben. Zum einen ist jetzt schon klar, dass wir bald mehr für Strom zahlen müssen, zum anderen werden die Emissionen, sprich die produzierten Treibhausgase, zunächst wohl weiter ansteigen was von uns allen nicht gewollt sein kann. Denn überwiegend wird die Bundesregierung den Ausstieg aus der Kernenergie mit Gas- und Kohlekraftwerken abpuffern müssen , nicht mit regenerativen Energien. Zumindest vorerst nicht, oder in dem Maße in dem sich dies die Anleger von Solaraktien gerade erhoffen. Hinzu kommt der geplante Ausbau der Stromnetze etc. und am Ende bleibt die Frage – wer soll das alles bezahlen, und was kostet das überhaupt?
Die künftige Förderung von Energieprojekten steht dann sicherlich unter strenger Aufsicht, sprich gerade die Photovoltaik, die ja in den vergangenen Jahren am meisten Förderungen abbekommen hat, wird sich an anderen Energiegewinnungsformen messen müssen, die eine höhere Effizienz aufweisen. Gerade für die Zellen- und Modulhersteller dürfte es nicht wohl einfach werden im künftigen Wettbewerb zu bestehen. Politisch ist man sich weiter uneins, auch wenn die Energiewende offiziell beschlossen scheint. Die Grünen fordern dass man die wegfallenden Kapazitäten nicht durch Kohle, sondern durch erneuerbare Energien ersetzt. Ein tolles Ziel, aber machbar und bezahlbar..?
Der Großteil der Atommeiler soll bis 2021 vom Netz. Falls es Probleme bei der Energiewende gibt, könnten die letzten drei Meiler erst zum 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden. Deutschlands größte Energieversorger E.on und RWE wollen, aus verständlichen Gründen, die Atomausstiegspläne der Bundesregierung nicht so einfach hinnehmen. Wie das Handelsblatt mit Verweis auf informierte Kreise berichtet, will sich E.on nun juristisch wehren und gegen die Brennelementesteuer klagen, RWE dürfte sich hier schnell anschließen. Welche Kosten aus dieser Richtung auf den Steuerzahler zukommen werden ist wohl noch nicht absehbar. Die Aktien der beiden Unternehmen können sich heute von dem gestrigen Schock leicht erholen, dürften aber unter Druck bleiben.
Bereits gestern wurde auch offen über bald steigende Strompreise diskutiert. Was bedeutet dies für die Unternehmen die für die Herstellung Ihrer Produkte einen erhöhten Energiebedarf haben? Einzelne Konzerne lassen bereits jetzt prüfen ob es dann künftig nicht günstiger sei die Produktion in Länder mit deutlich günstigeren Energiekosten zu verlegen… Was das für den Wirtschaftsstandort Deutschland bedeuten könnte weiß wohl auch niemand so genau, bzw. habe ich nicht den Eindruck dass man ernsthaft darüber nachgedacht hat. Für Freitag hat unsere Kanzlerin nun die Bundesländer zu einem Energiegipfel geladen, um für die Unterstützung der Beschlüsse von Union und FDP zu werben. Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, dementsprechend könnte es mal wieder die falsche Strategie sein sich jetzt verstärkt in der Solarbranche zu engagieren…
Nicht dass ich grundsätzlich gegen einen Atomausstieg bin, im Gegenteil, lediglich die Art und Weise wie hier vorgegangen wird schockiert mich. Bereits in der jüngsten Vergangenheit ist Deutschland mit dem ein- oder anderen Thema vorgeprescht um dann später festzustellen, das der wilde Aktionismus nicht gebracht hat. Erschütternd finde ich zudem, dass es in Deutschland nicht einmal mehr eine einzige politische Kraft zu geben scheint, die vernünftig auf die Kosten und Risiken für den Wirtschaftsstandort Deutschland hinweist. Hier sehe ich in der Tat die größten Probleme auf uns zukommen. Ich persönlich bin auch gespannt, wie die Regierung verhindern will, dass wir demnächst den teuren Strom beziehen der doch aus AKWs stammt, die dann eben in Frankreich oder dem Osten Europas stehen? Und so finde ich es ernsthaft besorgniserregend, wenn wieder alle in die gleiche Richtung marschieren, ohne das geplante Vorhaben kritisch zu hinterfragen!
„Nichts desto trotz hätte eine Verlängerung der Laufzeiten dazu genutzt werden können die alternativen Energien massiv auszubauen und gleichzeitig die Belastungen, die Lars im Beitrag erwähnt hat, abzufedern.“
Sagte die Kanzlerin, nannte es „Brückentechnologie“, was ihr Umweltminister Röttgen nicht so richtig begrifflich verstand und mit Inhalten ausfüllen konnte bzw. mochte, bis ihn die Kanzlerin zurückpfiff…
Eigentlich waren wir uns doch (fast) alle in Deutschland einmal einig, dass wir zumindest keine neuen AKWs wollten. Atomkraft ist also in Deutschland ein Auslaufmodell, in das auch gar nicht mehr so viel „Hirnschmalz“ hineingesteckt wird/wurde.
Sagen wir, wir wollen vom Verbrennungsmotor zum Elektromotor umstellen … Es gäbe keine Hybridtechnologie aber das Gesetz zum Einbau von Katalysatoren. In alle VW Käfer, die in Deutschland noch herumfahren, sind bereits Katalysatoren eingebaut. Frau Kanzlerin, weil es gerade politisch opportun ist, erklärt derartige VW Käfer zur „Brückentechnologie“. Die Anforderungen des TÃœVs und der ASU an solche Fahrzeuge werden daher per „VW Käfer-Laufzeitverlängerungsgesetz“ herabgesetzt. Was soll das per se bringen? Die Investitionen in eine Infrastuktur für Elektrofahrzeuge („Belastungen, von denen Lars spricht“) müssen eh getätigt werden – über kurz oder lang, sonst ist das Ziel nicht zu erreichen.
Dann fährt nen oller Mitsubishi Colt, gleichen Baujahrs wie unsere VW Käfers, in Japan an ne Wand. … ooops … Die „Brückentechnologie“ …
Sind unsere VW Käfer sicher? Sicher sind die sicher – die kommen doch jetzt alle wieder durch den TÃœV, was soll die Frage? Zudem sind bei uns die Wände, an die VW Käfer „knallen“ könnten, doch sicherlich viel weicher (=politische Diskussion bzw. die schwerwiegenden Fragen, die durch das z.Zt. noch bestehende Memorandum geklärt werden müssen).
Ich kann mich noch an die kalten, grauen, verregnete Herbstage in Brockdorf so zwischen 1980/85 zurückerinnern. Wir hielten unser Transparent „Atomkraft nein Danke“ in die eisige Luft. Es hat dann noch ca. 20 Jahre gedauert, bis es zum Atomkompromiss kam (der nichts anderes sagt, als die vorhanden AKWs mit Augenmaß langsam abzuschalten um gleichzeitig andere Energieträger auszubauen – bis ca. 2020/22 – wir befinden uns genau auf der Mitte dieses Wegs). Kernkraft war, ist und wird sein: Eine Sackgassentechnologie. Sorry, aber davon war ich eigentlich schon vor 30 Jahren felsenfest überzeugt … damals waren wir halt lediglich weniger als heute …
Aber wahrscheinlich gelingt es der Kanzlerin sogar, den Stegosaurus als Brückentechnologie zwischen Laubfrosch und Säugetier – politisch – zu verkaufen :-).
…BASF? ThyssenKrupp? Solche Konzerne werde es bald hier nicht mehr geben, „wenn die Politik weiter so konsequent die Zerstückelung der industriellen Energieerzeugung betreibt“, prophezeit der schwergewichtige RWE-Boss Großmann in einem Interview..http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_539460
Vielen Dank für die nützlichen Informationen. Im Grunde wird ja dann politisch einfach nur zurückgerudert. Diese Aktion jetzt als „Sinneswandel“ zu verkaufen ist in der Tat ein starkes Stück.
Nichts desto trotz hätte eine Verlängerung der Laufzeiten dazu genutzt werden können die alternativen Energien massiv auszubauen und gleichzeitig die Belastungen, die Lars im Beitrag erwähnt hat, abzufedern. Wenn dies allerdings dazu führt, dass der Fortschritt in Richtung neue Technologien zum stehen kommt, macht das natürlich keinen Sinn.
Ich bin auf die nächsten Schritte gespannt …
Guten Morgen John, auf die nächsten Schritte bin ich auch gespannt, insbesondere ob unsere Kanzlerin ab Montag wieder anfängt zaghaft zurück zu rudern…weil man jetzt gemerkt hat das alles doch viel zu teuer und wenig praktikabel ist etc.
Ich will noch einen Punkt ergänzen, der mir sehr wichtig ist:
Die Bild titelt heute „Atom Aus“.
Das war aber doch schon 2000 so beschlossen worden…
Lars hat (mit Bedauern) festgestellt, dass die dann seit dem zwischen 2000 und 2010 erzielte Marktführerschaft Deutschlands auf Gebieten wie Solarstrom, Windenergie etc. (das Erneuerbare Energiengesetz war i.ü. ein herausragender „Exportschlager“ des damaligen Exportweltmeisters :-)) durch die Verlängerung der AKW-Laufzeiten (durch diese unsere Regierung im September 2010) in Gefahr gebracht wurde. In der Zeit hat sich der Anteil an erneuerbaren am Energiemix von unter 1% auf über 10% (Prognose: rasch weiter steigend – wenn man läßt)erhöht.
Es ist die Verlängerung der Laufzeiten im September 2010 die mich veranlasst, unsere Regierung als fortschrittsfeindlich oder rückwärts gewandt zu bezeichnen. Ein Ja zur Atomenergie ist auch gleichzeitig ein Nein (bzw. eine erhebliche Behinderung) zu Erneuerbaren.
Es gilt insgesamt ein Grundproblem zu lösen: Zentral (=AKW) oder dezentral (energieautarkes Haus, die Solarzelle auf dem Dach, die Wärmepumpe im Keller etc.)?
Und diese Grundfrage ist entscheidend. Welche Netze brauche wir? Solche nach Isar 2 oder welche zur Nordsee, oder gar keine außer kleinen, intelligenten Netzwerke… Und für solche Fragen wird die Regierung gebraucht … ich befürchte allerdings, von dieser Regierung erhalten wir keine Antworten mehr auf die wirklich wichtigen Fragen…
John, erst mal danke für Deine Feststellung. Der Ausstieg soll in der Tat signifikant nach vorn verlängert werden – im Vergleich zur Verlängerung vom September 2010. Im Vergleich zum Atomkonsense 2000 ist das etwas schwieriger festzustlellen, aber hier eine kurze Liste (von Wikipedia) des Effektes des Verlängerungsgesetzes (vom September 2010) auf den Status ante (also ehemanliger Konsense 2000):
Beispiele für einige KKW mit rein rechnerisch verlängerten Laufzeiten:
Isar 1 statt 2012 bis 2020
Unterweser statt 2013 bis 2021
Grafenrheinfeld statt 2015 bis 2029
Grohnde statt 2019 bis 2033
Isar 2 statt 2021 bis 2035
Brokdorf statt 2022 bis 2036
Und gestern wurde also beschlossen, dass Brokdorf 2022 schließen muss, nicht wie 2000 festgelegt, erst 2022… Ich hoffe, Du verstehst mich anhand dieses Beispiels?
Politisches Schmierentheater.
Also zunächst muss ich zugeben, dass ich politische Sachverhalte nicht in der intensität verfolge, die dieses Thema offenbar erfordert.
Bei mir ist eben der Eindruck entstanden, dass der Ausstieg aus der Atomkraft signifikant nach vorne verlegt werden soll. Mit den genauen Zeitangaben habe ich mich nicht befasst. Wenn das im Endeffekt nur minimale Veränderungen an der ursprünglichen Planung bedeutet, muss ich den Kopf schütteln.
Pingback: Kleine Presseschau vom 31. Mai 2011 | Die Börsenblogger
John, ich habe kaum Probleme mit Deinen Feststellungen.
Ich habe nur das Problem, ob Du Dir von dem derzeitigen politischen „Gedönse“ evtl. die Sicht verstellen läßt. Der stufenweise Ausstieg (mit Augenmaß) war doch gerade Gegenstand des Atomkonsens 2000. Den hat Frau Kanzlerin mutwillig (im September 2010) aufgekündigt. Die hohe Sicherheit (1 GAU alle 10 Milliarde Jahre 🙂 —> 1. Tschernobyl, 2.Fukushima = 20 Milliarde Jahre) von deutschen AKWs hat sich durch Fukushima weder erhöht noch vermindert. Der gestrige Beschluss des Kabinetts … was verändert der (gegenüber einfach das Gesetz zur Verlängerung der AKW-Laufzeiten in den Papierkorb zu werfen) eigentlich? Grobe Schätzung: 1 Deutsches AKW läuft eventuell 1/2 Jahr länger – im Vergleich zum Atomkonsens.
Worin besteht Deiner Auffassung nach der milliardenschwere Kraftakt, der dazu führt, dass nun (nach dem ganzen Affentheater seit September) evtl. 1 AKW 1/2 Jahr länger läuft (vorausgesetzt, die FDP schafft es überhaupt noch einmal die 5%-Hürde in den nächsten 10 Jahren zu überspringen:-) 🙂 ;-)), als seit ca. (im gesamtgesellschaftlichen Konsens!) 2000 geplant???
Ich kann nur wiederholen: Ich habe gestern laut gelacht, als ich das hörte. Nur: An den Fakten ändert das rein gar nichts – lediglich die Worte, in die das von der Regierung gepackt wird 🙂 🙂 🙂 Ich lache mir ins Hemd.
Ganz ehrlich: Ich bin Wähler der Grünen und daher sehr dafür (die Regierung abzuwählen und dann) die AKWs noch schneller abzuschalten, mit dem Ziel 2017 oder so. Schlicht nach dem Motto: ein Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende.
Wie gesagt, sehe auch ich diese Technologie als nicht zukunftsfähig. Das die Kosten für den Abbau sowieso anfallen, ob früher oder später, ist mir auch klar. Aber muss man sich bei der Aktion gleich „verheben“?
Ich halte einen stufenweisen Ausstieg spontan vernünftiger, als alles in einem milliardenschweren Kraftakt zu erledigen, der eventuell nicht alle Aspekte berücksichtigt. Außerdem ist die Belastung nicht so groß, wenn sie auf einen größeren Zeitraum verteilt wird.
„Der Grund für den Atomausstieg ist ja die Gefahr, die von dieser Technologie ausgeht.“
Ja, wirklich? Ich bin seit 30 Jahren AKW-Gegner. Die Gefahr hat in der Zeit dabei eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Eher: Sackgassentechnologie. Dinosaurier, der alternative, dezentrale Ansätze/Technologien abwürgt.
Viel zu teuer (wenn man die Gefahren versichern wollte oder wenn man die Kosten für die Endlager – incl. die ca. 100.000 Jahre lang ereforderliche militärische Bewachung der Endlager – miteinrechnen würde)!!!
Das derzeitige Getue der Regierung halte auch ich für „Aktionismus“. Das sollte uns Bürger jedoch nicht davon abhalten lassen, den (baldigen) Ausstieg aus der Kernenergie zu fordern. Weniger Atommüll und billiger wird es doch nicht, wenn man die Laufzeiten der AKWs verlängert.
Hallo Lars,
ich schließe mich Deiner Meinung an. Vor allem verstehe ich nicht warum mit aller Gewalt diese Schritte vorgezogen werden müssen. Es dürfte jedem klar sein, dass die aktuelle Kernenergie keine zukunftsträchtige Lösung ist, aber wir sind doch bereits auf dem Weg in Richtung regenerative Energien. Das Ganze ist eben ein fließender Übergang und das ist ja auch gut so.
Der Grund für den Atomausstieg ist ja die Gefahr, die von dieser Technologie ausgeht. Der Witz an der Sache ist aber, dass diese Gefahr durch Abschaltung der Kraftwerke keineswegs gebannt ist. Denn es dauert wohl Jahre bis so ein Reaktorkern abgekühlt ist. Weiterhin müssten sämtliche Kraftwerke dann irgendwann auch demontiert und entsorgt werden. Und da hier viele Komponente hochgradig verstrahlt sind, dauert es über 10 Jahre (!!) und kostet mehr als 500 Millionen Euro so ein Kraftwerk komplett abzubauen, mal ganz davon abgesehen, dass dabei noch 2300 Tonnen radioaktives Material anfallen und irgendwo endgelagert werden müssen (siehe Kraftwerk Obrigheim in Baden-Württemberg).
D.h. also das hier noch einmal Milliarden an Steuergelder ausgegeben werden müssen. Und das Ziel dieses ganzen Aktionismus, nämlich die Beseitigung der Gefahr, wird wenn überhaupt nur sehr gering ausfallen. Ich halte das gesamte Unterfangen für einen Schnellschuss in den Ofen … Schlimm!!
Sorry, wenn der Beitrag nur am Rande was mit der Börse zu tun hat, aber mich hat’s irgendwie in den Fingern gejuckt 😉
Viele Grüße
Hi John, die Beiträge hier müssen nicht immer und unbedingt etwas mit Börse zu tun haben 😉 also ich freue mich immer über anregende Meinungen! Letztlich steht zu befürchten das das ganze eher Wahlkampf-Geplänkel ist und uns Steuerzahlen einen Haufen Geld kostet. Die Gefahr eines Supergaus ist damit sicherlich nicht gebannt, denn es stehen noch genügend AKWs in den Nachbarländern und da haben wir alles was von wenn eins hochgeht (was hoffentlich nie passieren wird!) Der Preis den wir für diese vermeintliche Sicherheit nun zahlen werden ist nicht abzusehen. Insbesondere die Prüfung unserer künftigen Wettbewerbsfähigkeit steht noch aus, und das zu einem Zeitpunkt wo Deutschland gerade wieder auf dem Weg in die Top Platzierung unter den Wirtschaftsnationen ist…Traurig!