ThyssenKrupp – nicht viel zu lachen!

Ich frage mich ja schon seit mehreren Wochen was genau die Anleger an der ThyssenKrupp Story momentan noch glauben macht, dass wir hier in absehbarer Zeit deutlich steigende Kurse sehen werden. Aber ich lasse mich natürlich gerne eines besseren belehren, wenn die Aktie nun unverhofft zu einem neuen Höhenflug ansetzten sollte. Auch den gestrigen Kursanstieg habe ich auch mal wieder nicht verstanden. Da wird in der Presse berichtet dass der Bieterkreis für die beiden Werke in Amerika immer kleiner wird, der mögliche Verkaufspreis sinkt weiterhin und ein Bieter will sowieso nur eines der beiden Werke kaufen… Das sind wirklich keine guten Nachrichten, liebe Anleger!

Vielleicht wollen die meisten Aktionäre aber auch nur noch eine Erledigung dieses lästigen Problems sehen – und da ist dann jede Lösung recht. Möglicherweise stört es die breite Masse auch nicht, dass noch immer nicht geklärt werden konnte, wer genau dieses Debakel zu verantworten hat. Zwar wurden ein paar „Schuldige“ entlassen, was aber offenbar nicht zur vollständigen Befriedigung einiger Aktionärsvertreter beigetragen hat. Die direkte Kritik an dem Chefauseher Cromme wird nun immer lauter…!

In Bochum fand heute die Hauptversammlung der ThyssenKrupp AG statt. Aufsichtsratsvorsitzender Cromme räumt zum ersten Mal Fehler ein und versucht das Ganze Debakel um Steel America mit “ Ja, wir haben zu lange vertraut, wir hätten früher handeln können“ zu entschuldigen. Cromme fügt aber dann noch hinzu: „Wir haben die Kraft gehabt, Fehler zu erkennen, zu korrigieren und die Weichen für die Zukunft zu stellen“. Somit ist aus meiner Sicht auch klar geworden, dass Cromme, trotz der immer lauter werdenden Rücktrittsforderungen, weiter machen will.

Der Vorstandschef des Konzerns, Heinrich Hiesinger sprach von großen Herausforderungen für das kommende Geschäftsjahr. Eine durchgreifende Belebung der Weltwirtschaft sei auch in den kommenden 12 Monaten nicht in Sicht, sagte Hiesinger. Weiterhin sei man in der Stahlindustrie Mengenrückgängen und Preisdruck ausgesetzt. Bei ThyssenKrupp geht man zudem von einer „rückläufigen Dynamik“ in der Automobilbranche aus. Hiesinger stellte ein bereinigtes operatives Ergebnis von rund einer Milliarde Euro in Aussicht, nach 1,4 Milliarden im Vorjahr. Der Umsatz im Geschäftsjahr 2012/2013 werde sich auf dem Vorjahresniveau bei rund 40 Milliarden Euro bewegen. Auch operativ also wenig wirklich erfreuliches…!

So lange die Werke in Amerika nicht definitiv und zu einem akzeptablen Preis verkauft wurden, und Gerhard Cromme an seinem Stuhl klebt, dürfte die ThyssenKrupp Aktie wohl noch eine ganze Weile eher auf niedrigem Niveau vor sich hindümpeln. Erst wenn man auch den Mut hat die Fehler nicht nur einzugestehen sondern auch die Konsequenzen daraus zu ziehen, werden die Anleger wohl wieder neues Vertrauen in die Qualität des Unternehmens fassen. Ein Verkauf der beiden Werke in Amerika wäre als erster Schritt sicherlich schon mal ganz hilfreich, um nicht noch weitere Kosten mit diesen Milliardengräbern zu verursachen. Dem Aktienkurs dürfte eine entsprechende Nachricht – zumindest kurzzeitig – gut tun, ebenso wie ein möglicher Führungswechsel.

Nun hat ThyssenKupp die Bieter aufgefordert seine Offerten noch einmal nachzubessern , weil der Kaufpreis offenbar nicht angemessen erscheint, berichtet heute das Handelsblatt. Laut diesem Bericht will der Essener Stahlkocher beim Verkauf zumindest den Buchwert der beiden Werke erlösen, der inzwischen (nach Abschreibungen in Höhe von knapp 6 Milliarden Euro!) auf ca. 3,9 Milliarden Euro gesunken ist. Angesichts der angespannten Lage und der mangelnden Nachfrage sollte Herr Cromme hier aber wohl nicht zu hoch pokern, sonst steht er am Ende wohlmöglich ganz ohne einen potenziellen Käufer da – und spätestens dann dürfte der Stuhl auf dem er sitzt wohl doch erheblich ins Wanken geraten.

Es gab somit heute nicht viel zu lachen für die Aktionäre, ausser an der Stelle als Cromme seiner persönlichen Betroffenheit Ausdruck verlieh, und dies damit untermauerte dass der Aufsichtsrat in der heutigen Sitzung beschlossen hat im Geschäftsjahr 11/12 auf die Hälfte seiner Bezüge zu verzichten. Er selbst bezeichnete den Schritt als Geste der „Betroffenheit und Solidarität“…!

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4 Comments

  1. Pingback: Kleine Presseschau vom 18. Januar 2013 | Die Börsenblogger

  2. Sandro Valecchi said:

    Deutsche Aufsichtsräte votieren gegen Dr. Cromme (ThyssenKrupp AG)

    Man nannte ihn „Mister Corporate Governance-Codex“, Dr. Gerhard Cromme, Vorsitzender des Aufsichtsrates der ThyssenKrupp AG und im Aufsichtsrat von Allianz SE, Axel Springer AG, BNP Paribas, E.ON, Lufthansa, Siemens und Suez S.A.

    Er gehörte zu den mit Abstand mächtigsten Managern in Deutschland.

    Heute, am Freitag, den 18.01.2013, war der Tag der Aussprache, der Tag der Abrechnung und der Tag der verzweifelten Suche nach Vertrauen in die Kompetenz des Managements und des Aufsichtsrates des ThyssenKrupp-Konzerns.

    Aktionäre und Shareholder Value Investoren wollten am heutigen Freitag im Rahmen der Hauptversammlung in Bochum wissen, woran sie ganz konkret sind. Die ThyssenKrupp AG, Deutschlands größtes Stahl- und Technologie-Konzern mit Sitz in Duisburg und Essen, hatte besser Tage gesehen. Milliardenverluste, Fehlinvestitionen und Abschreibungen sind Nachrichten in den Büchern und Geschäftsberichten der ThyssenKrupp AG, die Aktionäre ganz sicher weder erfreuen – noch hören möchten. Dennoch ist es eine Tatsache, mit der sich Shareholder Value orientierte Anleger nunmehr auseinandersetzen müssen.

    Und einige Aktionäre stellten die Vertrauensfrage. Entlastung für den Aufsichtsrat unter Dr. Gerhard Cromme wollten sie nicht erteilen. Es sieht danach aus, als könne sich der Aufsichtsrat unter Dr. Gerhard Cromme nur deshalb noch im Amt halten, weil die dominierende ThyssenKrupp-Stiftung den Aufsichtsrat Cromme stützt. Das reicht zwar mathematisch gesehen, das Vertrauen in die Kompetenz des Aufsichtsrates und in die Managementqualitäten des Dr. Gerhard Cromme ist hingegen Geschichte.

    1986 kam Gerhard Cromme zum damaligen Krupp-Konzern, zunächst als Vorsitzender der Krupp Stahl AG, zuletzt als Vorsitzender des Vorstandes der Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp. 1992 folgte die Fusion mit dem großen Konkurrenten Hoesch, die im Wesentlichen auf seine Initiative zurückzuführen ist. ThyssenKrupp selbst entstand 1999 aus der Fusion der Thyssen AG mit der Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp.

    Jetzt, zur Hauptversammlung 2013, die bittere Bilanz: Milliardenverluste und ein gescheitertes Engagement im Auslandsgeschäft mit den Stahlwerken in den USA und Brasilien. Bisher wurden mehr als 12 Milliarden Euro fehlinvestiert. Dr. Gerhard Cromme suchte in seiner Rede vor der Hauptversammlung geradezu verzweifelt nach Erklärungen: „Wäre es nicht möglich gewesen, diesen Entwicklungen (vorausschauend) entgegenzusteuern?“ Er sei selbst „sehr betroffen“ über diese Entwicklung, die zur schwersten Unternehmenskrise des Konzerns führte, dennoch sei er sehr optimistisch, dass der Konzern wieder einen Weg aus der Krise herausfinden werde. Der Konzern habe auch in der Vergangenheit zahlreiche Krisen überstanden. Die „damalige Lagebeurteilung“ (aus der Managementperspektive) habe ein solches Szenario nicht aufgezeigt. Dies konnte freilich weder Investoren noch Aktionäre und Marktbeobachter zufriedenstellen.

    Was die Amtszeit des Dr. Gerhard Cromme allerdings noch weit aus mehr belastet, ist die Beteiligung und Abstrafung des Konzerns an Kartellen: unter dem Namen «Cromme-Codex» macht einst der unter seiner Leitung entwickelte Verhaltenscodex für börsennotierte Unternehmen Schlagzeilen.

    In seiner Rede vor der Hauptversammlung beschwor Gerhard Cromme den (seinen) Corporate Governance-Codex. Der mit dem Namen Gerhard Cromme einst verbundene «Corporate Governance-Codex» setzt sich unter anderem für mehr Mitwirkungsmöglichkeiten der Aktionäre und mehr Transparenz durch die Offenlegung von Managergehältern ein (Cromme-Kommission über die Offenlegung von Vorstandsvergütungen führte 2006 erstmals dazu, dass Vorstandsbezüge im Geschäftsbericht von börsennotierten Aktiengesellschaften nun veröffentlicht werden müssen). Aber das ist jetzt Geschichte.

    Dr. Gerhard Cromme, einst einer der einflussreichsten Manager der deutschen Wirtschaft, verlässt sukzessive die Bühne und viele Analysten glauben, dass Cromme nicht länger am Amt kleben sollte, um den Weg für einen Neuanfang der ThyssenKrupp AG freizumachen und seine eigene Lebensleistung nicht weiter zu beschädigen. Aufgrund von Verfehlungen von Topmanagern bei Thyssen-Krupp während seiner Amtszeit als Aufsichtsratsvorsitzender legte ihm am 11. Januar 2013 die Vereinigung der Aufsichtsräte in Deutschland den Rücktritt vom Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden nahe, da sein bisheriger Umgang mit den Skandalen bei Thyssen-Krupp „ein falsches Bild auf jene Aufsichtsräte werfe, die mit großer Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit versuchen, gute Unternehmensführung zu praktizieren

    Shareholder Value Investoren sollten sich auf eine lange Durststrecke der Restrukturierung des ThyssenKrupp-Konzerns einstellen. Aufwärtspotenzial für die ThyssenKrupp-Aktie ist jedenfalls nach Ansicht zahlreicher Analysten sehr stark begrenzt. Das Hoffen auf einen Turnaround ist derzeit noch Zukunftsmusik.

  3. Hari Seldon said:

    Hallo Lars, Du weisst ja, dass ich Thyssenkrupp ganz ähnlich sehe und Herr Cromme schon seit längerem zu meinen „Lieblingsmanagern“ gehört, was selbstverständlich vor Sarkasmus trieft.

    Nur an einer Stelle habe ich eine andere Sicht und das ist der Verkauf der Stahlwerke.

    Thyssenkrupp hat diese Werke auf dem Höhepunkt des Boom – prozyklisch – in Auftrag gegeben. Das alleine wäre für mich Grund genug, die Kompetenz des damaligen Vorstands UND Aufsichtsrates in Frage zu stellen, in dem auch damals Cromme sass.

    Nun ist Thyssenkrupp aber wahrscheinlich gerade dabei, die Werke ERNEUT prozyklisch auf dem Tiefpunkt der Stahlkonjunktur zu verscherbeln ! Denn klar, möglicherweise bleibt die Stahlkonjunktur auch noch in 2013 gedämpft. Klar ist aber auch, dass der nächste Boom kommt und wir zumindest in der Nähe des Tiefpunktes sind.

    Das eine Arcelor Mittal nun mitbietet, ist für mich klares Zeichen das klügere Manager das genau so sehen und nun auf Schnäppchenjagd für Produktionskapazitäten sind.

    Das Schlimme daran ist, selbst wenn das Thyssenkrupp Management das selber erkennen würde, wären sie gar nicht in der Lage ein weiteres schwaches Jahr mit Verlusten durchzustehen. Die Kapitalkraft des Unternehmens würde schlicht nicht reichen.

    Und das liegt wiederum an der Kruppstiftung, die nach allem was man hört unbedingt ihre ca. 25% behalten will, bei einer notwendigen Kapitalerhöhung aber nicht mitziehen kann. Deadlock nennt man so etwas.

    So kann es gut sein, dass Thyssenkrupp das Kunststück vollbringt, zum zweiten Mal prozyklisch im Schweinezyklus genau das Falsche zu tun. Langfristige Werte für die Aktionäre werden garantiert nicht so generiert, in dem man Stahlwerke auf dem Tiefpunkt des Zyklus als Notverkauf verschleudert.

    Sollt es Arcelor gelingen, sich ein Werk zu diesem Preis unter den Nagel zu reissen, weil Thyssenkrupp mangels Kapitalerhöhung zum Notverkauf gezwungen ist, sollte man in meinen Augen diese Aktie eher mal ins Depot legen.

    Just my 2 Cents worth zum Thema

    • Lars said:

      Hallo Hari, und Danke für Deine Meinung dazu. Ich sehe den Käufer, wer auch immer das sein wird, auch durchaus als den großen Gewinner, dieses Trauerspiels. Dennoch würde ich wohl wenn ich dieser wäre versuchen die prekäre Lage bei ThyssenKrupp für mich auszunutzen, was natürlich heißt dass ich den Preis drücke soweit es geht. Ob hier ein echter Bieterwettkampf stattfinden wird weiß ich nicht und bleibe eher skeptisch. Aber natürlich hast Du Recht dass man sich am Ende wohl eher den Käufer als die Thyssen Aktie ins Depot legen sollte.

      Ich wünsche Dir alles Gute für Deine OP am Montag! viele Grüße, Lars

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