S&P droht mit Abstufung Europas

Offensichtlich drehen wieder alle Anleger nach der gestrigen Ankündigung von Standard & Poors durch, und in gewisser Weise habe ich sogar Verständnis dafür. Denn der bereits seit Monaten laufende Prozess zermürbt einfach. Dennoch ist es nicht unbedingt gut sich von solchen Ereignissen und deren Folgen anstecken zu lassen. Die Ratingagenturen haben sich offensichtlich vorgenommen so lange Öl ins Feuer Europas zu gießen bis der Euroraum tatsächlich zerfällt. Immer dann wenn gerade wieder ein Fünkchen Hoffnung aufkeimt machen die US Ratingagenturen mit dramatischen Schritten auf sich aufmerksam. Seit Monaten häufen sich diese komischen Zufälle, die den Aktienmarkt immer dann unter Druck bringen wenn der Gesamtmarkt kurz vor einem Ausbruch nach oben ist, und politische Ereignisse einen weiteren Anstieg unterstützen würden.

Nun mag es durchaus Menschen geben die dieses Verhalten der Agenturen verständlich finden, bzw. es sogar als deren Aufgaben sehen, sobald sich etwas entscheidendes ändert darauf hinzuweisen, etc. Ich möchten diesen Menschen dann immer gerne mal die Frage stellen wo denn der Mehrwert für die Gesellschaft oder Anleger in diesen sogenannten „Ratings“ zu finden ist.

Unter „normalen“ Umständen mag ja eine Skalierung in Risikostufen für Fondsmanager und institutionelle Anleger sinnvoll sein, obwohl ich behaupten würde das diese Menschen, die dafür viel Geld bekommen, selber in der Lage sein sollten sich ein objektives Urteil über die Bonität eines Landes oder einer Firma zu verschaffen. In der heutigen Zeit ist aber jegliches Negativrating kontraproduktiv und schädlich und hat keinerlei positiven Effekt – für niemanden! Wir aufgeschlossenen Börsianer wissen alle dass es wohl kein Land in Europa mehr gibt welches ein AAA Rating wirklich verdient hätte. Auch die USA sicherlich nicht, und vielleicht gibt es weltweit sogar kein einziges Land dass diese Top-Note verdient hätte. Doch darum geht es offenbar auch gar nicht…

Ich weiß auch das es wenig sinnvoll ist sich darüber aufzuregen, und so bleibt mal wieder nichts anderes übrig als ein paar Beobachtungen und Ãœberlegungen zu einem Bild zu formen und somit nicht in Panik zu verfallen. Denn die angedrohte Herabstufung wird frühestens in 90 Tagen umgesetzt, sprich es handelt sich lediglich um einen Warnschuss, der auch innerhalb dieser Frist von S & P revidiert werden kann. Das wäre nicht das erste Mal! Bankaktien in den USA sind nach wie vor der momentan stärkste Sektor – auch gestern nach der Drohung durch Standard & Poors! Und letztlich hat der US Markt diese Nachricht nahezu ignoriert, was ich als wirklich starkes Zeichen sehe. Abschließend möchte ich gerne noch kurz drauf verweisen, dass die US Indizes gestern eine nahezu perfekte Vorbereitung auf eine inverse Schulter – Kopf – Schulter Formation ausgebildet haben.

Gelingt es dem Markt also heute die rechte Schulter auszubilden und anschließend weiter zu steigen halte ich das für ein sehr starkes Signal in diesem Umfeld. Lassen Sie sich also von der ersten Schwäche des Marktes heute früh nicht ins Bockshorn jagen, und bleiben Sie ruhig. Der (US) Markt fängt an solche Nachrichten zu ignorieren – und das ist ein wirklich gutes Zeichen. Die endgültige Entscheidung über die Zukunft Europas fällt spätestens am Wochenende, nicht vorher! Dennoch kann es natürlich nicht schaden bis zum Ende der Woche etwas vorsichtiger zu agieren.

7 Comments

  1. Phil said:

    Hari,

    da hast du absolut recht!

    Was den von mir empfohlenen Blog anbelangt: Dort wird halt weit abseits des Mainstreams (manche würden vielleicht sogar sagen im ketzerischen/konspirativen Bereich) gedacht. Aber an anderer Stelle hatten wir ja schon mal darüber gesprochen, dass der Mainstream in der Volkswirtschaftslehre (wie ich als Volkswirt auch offen sage) in vielerlei Hinsicht, sagen wir mal, verbesserungswürdig ist. 😉

    Als einen zusätzlichen Input zur Bildung der eigenen Meinung finde ich den Blog (wie auch Investors Inside) auf jeden Fall sehr wertvoll!

  2. Phil said:

    Hari,

    vielleich hat der gute Otte auch bei dem von mir an dieser Stelle schon ein mal empfohlenem Blog „Der andere Ökonomie Blog…“ mitgelsen, welcher schon seit Monaten den Währungskrieg EUR vs. USD um den Status der Weltreservewährung diskutiert. Beispielsweise hier im August: 😉

    http://der-oekonomiker.blogspot.com/2011/08/standpunkt-ausgabe-46-kurzausgabe.html

    Nichtsdestotrotz würde ich mich natürlich sehr darüber freuen, wenn mehr Leute (insbesondere solche mit Entscheidungskompetenz) eure klugen Analysen hier lesen würden!

    • Hari Seldon said:

      Danke Phil, den kannte ich nicht. Man sieht daran, dass ein richtiger Gedanke halt unabhängig voneinander mehrfach gedacht wird, wenn die Zeit dafür reif ist. Durch das Internet wird das glücklicherweise sichtbar.

      Trotzdem sieht man auch im Internetzeitalter, wie wichtig es ist öffentlich bekannt zu sein, sonst hat man keine Chance grössere Massen zu erreichen. Der gute Otte strahlt uns halt auf (gefühlt) jedem zweiten Anlegermagazin an und hat wie dieser Müller nun zweifelhaften „Star-Status“ erreicht. Das verschafft Gehör, das war aber vor dem Internet auch nicht anders, man hat halt damals gar nicht gemerkt, wie viele andere kluge Stimmen es noch gab, die kein Medium hatten sich Gehör zu verschaffen. Jetzt kann man die anderen Stimmen wenigstens finden, wenn man sich die Mühe macht danach zu suchen, das ist immerhin ein Fortschritt. Unsere „geliebten“ und von uns via GEZ zwangsfinanzierten Fernseh-Sabbel-Runden ala Anne Will haben das aber noch nicht gemerkt. Da sitzen jede Woche die gleichen Gestalten und salbadern immer den gleichen Quatsch herunter – gähn 😉

  3. Lars said:

    ..Es sei aber „absurd“, dass die USA mit 10,8 Prozent laufendem Haushaltsdefizit, 15 Prozent Arbeitslosigkeit als größter Schuldner der Welt weiter von anderen großen US-Ratingagenturen mit AAA bewertet würden und etlichen soliden europäischen Ländern die Herabstufung angedroht werde, kritisierte der Bestsellerautor und Fondsmanager. „Das Ganze ist politisch motiviert. Es findet ein Wettlauf um den Weltwährungsstatus statt.“ Die USA benötigten den Dollar als Weltreservewährung, um über die Ausgabe weiterer Dollars ihr Außenhandelsdefizit zu finanzieren, erläuterte Otte. Der Euro habe aber in den letzten zehn Jahren von 17 auf 27 Prozent der Weltreserven zugelegt. „Durch aktive Schwächung des Euro könnten die USA ihren Weltreservestatus erhalten“, ist sich Otte sicher.

    http://www.handelsblatt.com/politik/international/der-waehrungskrieg-geht-weiter/5926446.html

    • Hari Seldon said:

      Na, scheint ja so als ob der gute Otte bei uns mitliest und sich vor Wochen durch diesen Artikel zur USA als dem Rom des 21. Jahrhunderts hat inspirieren lassen. 😉

      Zumindest – wenn es Zufall sein sollte – sind es aber zwei identische Gedanken. Leider werden wir noch nicht im Handelsblatt zitiert, aber das wird sich ändern, wir arbeiten daran 😉

  4. deathproof said:

    damit ist der punkt erreicht, dass auch eu eine rating eingeführt werden sollte und der usa einen ramschstatus erteilt!!!!

    dennoch bleibt der markt recht stark gegen s&p 😉

    gruss deathproof

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