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Gastkommentar – Gazprom kontra Netz- und Preisstabilität ?

„Eine anormale Situation“ kommentierte Alexander Medwedew, Vizechef von Gazprom einerseits mit Blick auf den extremen Wintereinbruch, andererseits unter Bezugnahme auf die Kürzungen der Erdgas-Lieferungen nach Europa. Nach Angaben der EU-Kommission wurden die Lieferungen an Polen, die Slowakei, Österreich, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Griechenland, Italien und Deutschland kurzfristig um bis zu 30 % gekürzt.

Für den deutschen Markt kann dies problematisch werden, denn Deutschland befindet sich inmitten einer „Energiewende“ und gerät zunehmend in Abhängigkeiten anderer Interessen und vor allem anderer Staaten, insbesondere von Erdgaslieferungen aus Russland. Der Ausbau der erneuerbaren Energien gestaltet sich ebenso zeitaufwendig, wie zudem auch kostenintensiv. In der Reflexion von Effizienzausbeute und Verwertung der erneuerbaren Energien scheint die WINDKRAFT für den Standort Deutschland wesentlich sinnvoller und wirtschaftlicher zu sein, als die SOLARSTROMGEWINNUNG. Bekanntlich wird in den Fachbereichen der Wirtschaftspolitik mit dem Ressort Umwelt aktuell um den richtigen Weg gerungen und die Förderung der Photovoltaik sukzessive heruntergefahren.

Deutschland hatte mit dem außerordentlich milden Winter bis Ende Januar 2012 bislang großes Glück gehabt, die Stromnetze nicht überbeanspruchen zu müssen. Dennoch vermelden die wirtschaftsstarken Bundesländer in Süddeutschland, allen voran Baden-Württemberg, spürbare Engpässe in der Stromversorgung. Der Ausbau erneuerbarer Energien und die Abschaltung von Atomkraftwerken in Süddeutschland wird für die Netzbetreiber immer schwieriger zu managen. Besorgniserregend haben sich die Anzahl der Eingriffe, die notwendig sind, um die Netzstabilität aufrecht zu erhalten im Vergleich zum Vorjahr sogar verdoppelt. Aus Österreich musste bereits zum wiederholten Mal Strom zugekauft und ins deutsche Netz eingespeist werden, obwohl dieser besonders milde Winter die deutschen Netze nicht zu fordert, wie sonst üblicherweise zur kalten Jahreszeit. Doch nun herrscht arktischer Frost in Europa mit Rekord-Minus-Temparaturen.

Auch in Norddeutschland ist die Diskussion um die Versorgungssicherheit mit Strom bei einer der größten Unternehmen, der Aluminiumhütte, wegen der Netzprobleme wieder aufgeflammt, berichtet P-Power ENERGY AG. So steht Deutschland weiterhin vor dem Problem,

  • Netzstabilität und möglichst auch Preisstabilität zu gewährleisten.

Um die Netzstabilität zu gewährleisten, setzt Deutschland auf die Verstromung von Kohle und Gas (Erdgas, Biogas, Klärgas, Deponiegas). Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, dass in Deutschland bis zum Jahr 2020 etwa 6 Milliarden m3 Biomethan pro Jahr erzeugt werden. Dies entspricht der Kapazität von rund 1200 bis 1800 Biomethananlagen. Deshalb ist Deutschland weiterhin darauf angewiesen, Gas zur Verstromung in großem Umfange zu importieren. Mit Stand 2009 entfielen 17,6 % auf Steinkohle, 25,6% auf Braunkohle, 3,7% auf übrige feste Brennstoffe, 1,3% auf Heizöl, 11,9% auf Gase, 9,7% auf Wind- und Wasserkraft und 30,2% auf Kernenergie für die nationale Stromerzeugung. Kritikpunkt: Stromgewinnung aus Wasserkraft ist seit dem Jahr 2000 stark rückläufig und vernachlässigt worden.

Auch die Preisstabilität stellt sich als äußert problematisch dar. Gas, Erdöl wird ebenso wie Steinkohle in Dollar gehandelt. Die Preise für die Verbraucher im Inland (Euro-Raum) sind nicht allein Reflex der Angebots- und Nachfragebedingungen auf dem Weltenergiemarkt, sondern werden in erheblichem Umfang auch von der Entwicklung des Wechselkurses mitbestimmt. Ein starker Euro verringert den Importpreis, ein schwacher Euro erhöht ihn. Wechselkursschwankungen werden also ausschließlich von den Verbrauchern im Euro-Raum getragen.

Diese Regel war lange Zeit für Deutschland und die Verbraucher in der Euro-Zone von großem Vorteil; denn seit 2001 gewann der Euro gegenüber dem Dollar um mehr als 35 % an Wert. Der Anstieg des Erdölpreises seit 2001 in Dollar – von 25 auf 97 $/Barrel – fiel im Euro-Raum folglich um 35 % geringer aus – von 28 € auf 66 €/Barrel. Dieser Effekt lässt –ins Gegenteil verkehrt –aktuell seine negativen Auswirkungen spüren. Demnach lässt sich keine Preisstabilität mehr gewährleisten, das sollte man ehrlicher weise zugeben und die Verbraucher spüren dies ja mit jeder neuen Rechnung auch.

Daran ändert auch der Einstieg des russischen Gasanbieters Gazprom in das deutsche Endkundengeschäft nichts. Gazprom setzt auf stetigen Expansionskurs. Die Londoner Gazprom Marketing & Trading hat den hessischen Strom- und Telekommunikationsanbieter Envacom Service GmbH übernommen, wie es aus gut unterrichten Kreisen heißt. Ein Sprecher von Gazprom Germania bestätigte gegenüber den Medien die Übernahme, ohne Details zu nennen. Envacom aus Walluf bei Wiesbaden hat nach eigenen Angaben rund 500.000 Kunden, großenteils im Energievertrieb. Gas bietet das Unternehmen nach den Worten eines Sprechers derzeit nicht an.

Die Gazprom Germania GmbH ist ein Tochterunternehmen der Gazprom Export des russischen Gasversorgers Gazprom mit Sitz in Berlin. Sie vermarktet Erdgas aus Russland und Zentralasien in Deutschland und Westeuropa. Gazprom Germania geht auf eine Kooperation zwischen der ehemaligen V/O Zarubezhgaz (heutige Gazprom) und der Wintershall AG im Jahre 1990 hervor. Gazprom Germania ist mit 49,98 % an der Wingas GmbH & Co. KG beteiligt. Die übrigen 50,02 % hält die Wintershall AG. Gazprom Germania hat zur Erdgasvermarktung am 28. Juni 1993 die ZMB GmbH gegründet. Die ZMB hatte 2007 einen Umsatz von 1.774 Millionen Euro (2006 – 1.764 Millionen Euro) und hat Erdgas in einer Größenordnung von 16,0 Milliarden Kubikmeter vermarktet. Mit Wirkung vom 1. Januar 2009 ist die ZMB GmbH mit der Gazprom Germania GmbH verschmolzen worden. Gazprom erklärt es als Ziel, das Unternehmen innerhalb der nächsten Jahre zum führenden Konzern weltweit auszubauen und so wurden in der Vergangenheit schon Beteiligungen im Öl- und auch Strombereich gekauft.

Gazprom befindet sich häufig in der Kritik, da in der Unternehmenspolitik eine Konzentration der Energiewirtschaft gesehen wird. In einem aktuellen deutschen TV-Bericht kommen bereits heute gut 38% der Gasimporte aus Russland, ein Anstieg von 35% in nur 8 Jahren, mit Optionen für Beteiligungs- und Sonderrechte (Netz), was sich natürlich negativ auf den Wettbewerb oder sogar wettbewerbsverzerrend auswirkt. Preisrabatte für Deutschland gab es freilich nicht. Der Erdölpreis ist nach wie vor Leitpreis für viele andere Energieprodukte, so auch für Gas. Bei Erdgas folgt die Preisentwicklung aus den vertraglichen Vereinbarungen mit den wichtigsten Lieferländern, in denen die Bindung an den Ölpreis bislang üblich ist. Zudem wurde auf den politischen Aspekt verwiesen: Russische Energiepolitik ist zugleich Sicherheits- und Machtpolitik.

Analysten beobachten mit Aufmerksamkeit die Entwicklung der Gazprom-Aktie. Derzeit liegt die Nachfrage nach Gas von Gazprom um etwa 50 % über dem erwarteten Stand. Gegenüber dem Winterbeginn ist die Nachfrage in der letzten Dezemberwoche um 25 % angestiegen. In der ersten Februar-Woche kam es zu einem nächsten Sprung um weitere 25 %. Billiges Erdgas von Gazprom wird es allerdings nicht mehr geben: No cheaper gas to Lithuania from Gazprom – vermeldet Baltic States news & analytics. Sandro Valecchi

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