Der gestrige Tag fing mal wieder ganz hoffnungsvoll an, und es hätte eine gute Woche für eine Stabilisierung der Börsen werden können, wäre da nicht Mario Draghi gewesen, der mit seinen Aussagen erneut für große Verunsicherung bei den Anlegern sorgte. Wir erinnern uns…Erst kürzlich hat der geschickte Taktiker Draghi bereits im Vorfeld des letzten EU Krisengipfels viel dafür getan das die Erholung der Märkte nicht allzu stark ausfällt, indem er weitere Ankäufe von Anleihen kriselnder Euro-Staaten im große Umfang ausgeschlossen hat.
Gestern nun glänzt der Italiener erneut. Der neue EZB-Chef Mario Draghi hatte am Nachmittag verkündet, dass der Ausblick für die Euro-Zone mit sehr hoher Unsicherheit behaftet sei, und die Finanzstabilität im Euro-Raum so stark gefährdet ist wie nie zuvor seit der Lehman-Pleite im Herbst 2008. Das ist genau das was Anleger hören wollen, Herr Draghi! Nicht dass wir Anleger das nicht schon wüssten, aber es war doch gut das wir noch einmal von offizieller Seite daran erinnert wurden, damit dieser Umstand nicht in Vergessenheit gerät. Denn bei dem illustren Treiben an den Kapitalmärkten in den letzten Wochen könnte man ansonsten vielleicht versucht sein sich der Unbeschwertheit hinzugeben.
Wie ich in meinem letzten Artikel zum Thema Stabilitätssünden geschrieben habe ist der Refinanzierungsbedarf einiger Südeuropäischer Länder in den nächsten Wochen extrem hoch. Die Umsetzung dieser zwingenden Vorhaben dürfte nach den gestrigen EZB-Aussagen nun umso schwieriger werden. Die Quizfrage ist also einmal mehr, wer als Staatsanleihen-Käufer den Retter spielen muss, wenn diese kein anderer haben will? Die Antwort entsprechend einfach – Die EZB.
Man darf sich nun ernsthaft fragen ob hinter den Aussagen Draghis Naivität oder System steckt. Statt einmal die Bazooka rauszuholen und dem Markt unmissverständlich klar zu machen das man den Anleihenmarkt mit unbegrenzten Mittel stützen wird, hat man sich nun offenbar dafür entschieden letzten Endes wieder deutlich mehr Geld in die Hand zu nehmen indem tröpfchenweise operiert wird. Vielleicht sucht die EZB aber auch nur händeringend nach einer Legitimation um dann doch das zu tun was sie eigentlich nicht tun darf???
Letztlich verstärkt sich nicht nur bei Anlegern sondern bei allen Menschen in Europa wohl das Gefühl das unsere Politiker absolut hilflos in Ihrem Tun sind. Wer die Aussagen des EZB Chefs ebenso wie die der IWF Chefin in den letzten Wochen etwas intensiver verfolgt hat, dem muss einfach Angst und Bange werden. Wer die Boulevardpresse liest bekommt unweigerlich Depressionen, 2012 soll nach Meinung fast aller Experten ein weiteres Horrorjahr werden, und nicht zuletzt der Maya Kalender weist sowieso auf ein baldiges Ende der Welt hin.
Bevor Wir uns aber nun mit Selbstmordgedanken tragen möchte ich noch einen kurzen Blick auf die Realität werfen, und aufzeigen dass wir doch in einer lebenswerten Börsenwelt leben. Irgend einer muss ja auch mal was positives sagen. Diesen Part will ich gerne übernehmen. Der deutsche Arbeitsmarkt ist stabil wie niemals zuvor. Deutsche Unternehmen erwirtschaften Rekordgewinne am laufenden Band und sind historisch günstig bewertet. Der Export zeigt bislang keine Ermüdungserscheinungen ebenso wie die Auftragslage im Maschinenbau etc. Die US Konjunktur hingegen zeigt inzwischen deutliche Anzeichen einer nachhaltigen Erholung, undundund….
Kurzum die Situation ist deutlich besser als man annehmen könnte! Das Jahr 2012 wird schwierig ohne Frage, aber nicht hoffnungslos, und vielleicht sogar sehr chancenreich. Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung und halten Sie vor allem nach unterbewerteten Aktien Ausschau, denn davon gibt es inzwischen mehr als genug. Zur richtigen Zeit sollte ein Einstieg in die richtigen Titel dann alle Turbulenzen der letzten Wochen und Monate schnell vergessen machen.
Für heute gilt erst einmal dass die asiatischen Märkte, nach dem Kim Jong Rücksetzer gestern, auf leichtem Erholungskurs sind. Dies sollte auch bei uns wieder für eine entsprechende Beruhigung sorgen. Bei den US Börsen hingegen bin ich mir da nicht so sicher, da das Verlaufsmuster der Indizes seit Tagen das gleiche ist…In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen erneut sehr spannenden Handelstag. (P.S. Achtung dieser Artikel enthält eine gewisse Portion Ironie!)