Es ist schon erstaunlich mit welcher Selbstsicherheit der US-Markt die Turbulenzen rund um die Ukraine weggesteckt hat. Während der Deutsche Aktienindex gestern seinen größten Verlust seit langer Zeit verbucht hat, gingen die US Märkte nur mit einem moderaten Minus aus dem Handel. Auch heute deuten die vorbörslichen Indikatoren bereits wieder auf höhere Indexnotierungen an den amerikanischen Märkten hin. Wohingegen Gold, nach dem starken Anstieg, nun einen vorübergehenden Schwächeanfall zu haben scheint…!
Offenbar ist der allgemeine Tenor der Märkte der, dass politische Börsen kurze Beine haben und somit setzen Anleger verstärkt auf einen Bounce und haben die teilweise deutlich zurückgekommenen Aktienkurse schon wieder zum Aufbau erster Positionen genutzt. Unter sehr kurzfristigen Gesichtspunkten ist dies auch nachvollziehbar, denn eine technische Gegenbewegung beim Dax war durchaus vorhersehbar. Man musst also kein Hellseher sein um die heutige Bewegung beim Dax spielen zu können. Ob man sich allerdings nun wieder mittelfristig neu positionieren sollte ist durchaus fraglich.
Noch immer gibt es, neben der eigentlichen Krise in der Ukraine, den Währungs- und Börsenturbulenzen in Russland und der angespannten Situation in anderen Emerging Markets (die offenbar schon wieder in Vergessenheit geraten ist!) einige weitere Faktoren die durchaus das Potenzial haben das große Bild im negativen Sinne zu verändern. Einen der wesentlichsten Faktoren für die Gefahr eines deutlichen Rückgangs an den Aktienmärkten würde ich aber in dem unerschütterlichen Optimismus der Marktteilnehmer sehen, der zuletzt neue historische Höchstmarken erreicht hat.
Das Sentiment unter den Investment Managern ebenso wie bei den Privatanlegern und auch den Börsenbrief-Betreibern ist aktuell so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Schlechte Nachrichten, sei es von konjunktureller Seite, seitens der Unternehmensdaten oder aber auch politischer Natur werden konsequent weiterhin ignoriert. Laut Angabe der National Association of Active Investment Managers liegt die Aktien-Investitionsqoute bei dieser Gruppe von Investoren aktuell bei satten 91 Prozent. Investors Intelligence meldete zuletzt einen Bull-Bear-Index, der 61,6 Prozent Bullen und nur noch 15,2 Prozent Bären verzeichnete. Solche Werte sind seit dem Hoch im Oktober 2007 nicht mehr erreicht worden. Insgesamt gab es in den letzten 25 Jahren nur fünf Phasen in denen solche Extremwerte erreicht wurden. Die meisten davon endeten früher oder später in einer deutlichen Korrektur!
Die spannende Frage ist also: Wenn die Mehrzahl der Marktteilnehmer bullish ist und sich bereits so deutlich positioniert hat, wie es aktuell der Fall ist, wer dann noch übrig bleibt um Aktien zu kaufen und die Kurse weiter nach oben zu treiben..? Möglicherweise schlagen wir auch in dieser Rubrik nun ein neues Kapitel auf, nachdem in den letzten Jahren bereits sämtliche Superlative der Börse in irgend einer Form getoppt wurden. Allerdings mahnt dieser unerschütterliche Optimismus der Anleger doch deutlich zur Vorsicht. Denn die Börse ist keine Einbahnstrasse und wird es nie sein, auch wenn Übertreibungsphasen meist länger dauern als man sich das vorstellen kann.
Ein Trendwechsel am Markt, und natürlich dann auch im Sentiment, kommt dann meist sehr überraschend und ist deutlich, wie die gestrige Bewegung im Dax ansatzweise erahnen lässt. Es ist also aus meiner Sicht, gerade in diesem politischen Umfeld, nicht ratsam sich nun sofort wieder allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Die Vorkommnisse in der Ukraine mit dem platten Börsenspruch der „kurzen Beine“ abzuhandeln, halte ich somit für einigermaßen leichtsinnig, eine Krise wie diese an einem Tag abzuhandeln für nahezu ausgeschlossen. Die größte Sorge sollte aber wohl momentan eher dem überschwänglichen Optimismus der Anleger gelten. Wer auch diesen Dip unbedingt kaufen möchte, sollte seine Risiko-Kontrolle noch engmaschiger als normal üblich betreiben. Trades ohne engen Stopp sind für mich ab jetzt tabu!