„Auf die richtigen Management-Strategien kommt es an“, reflektieren Analysten der Energie-Branche die Jahrestagung der European Wind Energy Association (EWEA) 2012, die in Kopenhagen stattgefunden hatte und mit Ablauf der 16. Kalenderwoche erfolgreich endete. 450 Aussteller mit Schwerpunkt Elektro- und Erneuerbare Energien waren vor Ort präsent und belebten einen regen Informationsaustausch.
Was man kann, das weiß man in dieser Branche sehr gut: Beispiel Jütland. Dort hat Siemens Wind Power nach Übernahme des Windkraftspezialisten Bonus Energy eine hochmoderne Fertigung aufgebaut, wo Windräder verschiedenster Leistungsklassen hergestellt werden. Aber auch Sorge macht sich breit. Um nicht ein ähnliches Schicksal zu erleiden wie die angezählte europäische Solarindustrie, müsse sich die Windenergiebranche am Riemen reißen, kommentieren Experten und Manager.
„Wir müssen massiv in Innovation und Industrialisierung investieren“, bringt Felix Ferlemann, Chef von Siemens Wind Power, im Rahmen EWEA-Jahrestagung auf den Punkt. EWEA ist das stärkste Windenergienetzwerk und die anerkannte Stimme der Windindustrie. EWEA fördert aktiv die Windenergie in Europa und weltweit. Der Fokus richtet sich auf die Bereiche Lobbyismus und Politik sowie die zielorientierte und interessensgeleitete Zusammenarbeit mit den Mitgliedern. Darüber hinaus produziert und verbreitet EWEA zahlreiche Informationen – wie Pressemitteilungen, Berichte, wissenschaftliche Analysen, Stellungnahmen, Statistiken, Kommunikationsstrategien – alle dazu bestimmt, die Interessen der Windindustrie zu stärken und sicherzustellen, dass Medien, Politiker und die Öffentlichkeit sich der Leistungen und des Potentials der Windindustrie bewusst werden.
Die Mitglieder von EWEA sind Hersteller, die 98 % des Weltwindenergiemarktes repräsentieren, Zulieferer, Forschungsinstitute, nationale Wind- und erneuerbare Energieverbände, Entwickler, Elektrizitätsversorger, Finanz- und Versicherungsgesellschaften sowie Berater. Die vereinte Stärke von über 650 Mitgliedern aus mehr als 50 Ländern macht EWEA zum weltweit größten erneuerbaren Energieverband. Das EWEA hat seinen Sitz im “Renewable Energy House“ in Brüssel und ist Gründungsmitglied des “European Renewable Energy Council (EREC)“, der die 6 Hauptindustrien und Forschungsverbände im Bereich erneuerbare Energien unter einem Dach vereint.
Die Management-Formel lautet: weitere Spezialisierung unter gleichzeitiger Kostenreduzierung, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und die Konkurrenz aus Asien auf Distanz zu halten. Geht das überhaupt?
Felix Ferlemann, Siemens Wind Power, sieht das jedenfalls so: „Die Implementierung einer klaren Plattformstrategie für unsere Produkte, stärkere Modularisierung und Standardisierung bringen uns dem Ziel näher.“ Ferlemann selbst kommt aus der Autoindustrie und möchte diese Erfahrungen in die Branche der Erneuerbaren Energien einspeisen. Auch bei der Volkswagen AG und anderen großen Autoherstellern habe man gedacht, „die Zitrone sei ausgepresst“, mehr ließe sich nicht herausholen: „Und siehe da, es ging doch noch mehr“, resümiert Ferlemann. Durch Kostensenkung und Ausbau des Service könnte der zunehmend aggressiver auftretenden Konkurrenz aus Asien, vor allem aus China, die Stirn geboten werden.
Die Finanzierungsfragen für die Projekte hat Patrick Champlain, der als Analyst für ein auf Wind spezialisiertes Londoner Beratungsunternehmen tätig ist, im Auge: Die Branche spürt einerseits Rückenwind, weil es bis 2020 in der EU fix vereinbarte Ziele gibt, den Anteil der erneuerbaren Energien zur Eindämmung des Klimawandels zu heben. Andererseits gibt es auch verstärkt Gegenwind. Das Umfeld hat sich im Vergleich zum Vorjahr rasant schnell geändert, deshalb ist für Champlain klar: „Die Sparprogramme, die in Europa gefahren werden, gefährden den Ausbau der erneuerbaren Energien.“ Zur Subventionspolitik hat der Analyst auch noch etwas nachzutragen: die Unsicherheit der Subventionsvergabepraxis. „Das ist Gift für das Geschäft“, kommentiert Champlain. „Selbst für die Windenergie kann das gefährlich werden, obwohl sie noch am wenigsten auf Subventionen von staatlicher Seite angewiesen ist.“
Zur richtigen Managementstrategie gehört auch Controlling und bewusstes Personalkostenmanagement mit den Instrumenten, die der Markt bietet: Kurzzeit-Arbeit ist beispielsweise kein Tabu, wenn der mittelständische Betrieb Auftragsrückgänge hinnehmen oder zeitweise verkraften muss. Arbeitszeit-Konten und familienorientierte Mitarbeiterführung kann sowohl dem Betrieb, als auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei deren Planung entgegen kommen.
Die richtige Managementstrategie ist freilich nur die eine Seite der Medaille, ein klares Konzept und ein handlungsfähiges Kompetenzzentrum für die Erneuerbaren Energien, fordert die Wirtschaft von der Politik. Am 02. Mai 2012 soll dies im Rahmen der Expertenrunde im Amt der Bundeskanzlerin angesprochen werden. Wirtschaftsverbände wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fordern insbesondere aufgrund der Verwerfungen in der Solar-Branche, in der Regierung müssten jetzt die Kompetenzen zur Energiewende an einer Stelle, einem Kompetenzzentrum, organisatorisch gebündelt werden. Ein „Energieministerium“, das diese Rolle übernehmen könnte, kann sich Bundeskanzlerin Dr. Merkel aber erst vorstellen, wenn alle Atomreaktoren abgeschaltet sind und sich die Aufsicht sowie der Betrieb von Kernkraftwerken nicht mehr auf unterschiedliche Ressorts, untergeordnete Behörden, verteilt. Auch hierbei wird die Schwachstelle der Energiewende nur zu offensichtlich erkennbar.
Derweil stellt die Branche sich neu auf: neben Siemens Wind Power ist Alstom und General Electric (GE) und Areva Wind zu benennen.
Mit Blick auf die Konkurrenz aus Asien ist der europäischen Wind-Energie Branche bewusst: „Wir müssen massiv in Innovation und Industrialisierung investieren!“ Die Verwerfungen und Turbulenzen in der Solar-Branche schrecken die EU-Unternehmen auf, das Management will unbedingt strategische Fehler vermeiden. Allen Branchenkennern ist dabei bewusst, dass auch in der Windenergie-Technik das Ringen um die weltweite Vormachtstellung bereits begonnen hat.
China hat Interesse an dem dänischen Branchenprimus Vestas: Die chinesischen Hersteller Goldwind und Sinovel, die sich auf Platz 2 und 3 der globalen Rangliste in dieser Branche bereits etabliert haben, planen aktuell die Übernahme von Vestas. Vestas ist Marktführer der Branche und Platz 1 auf dem Weltmarkt, fragt sich freilich nur, wie lange noch?
Der Ausblick für 2012 ist positiv und dürfte die Innovationen in der Wind-Energie Branche weiter beflügeln, kommen doch global rund 46.000 Megawatt (MW) an Leistung neu hinzu. Global Wind Energy Council prognostiziert für 2013 einen leichten Rückgang bei Neuprojekten um 0,4 % auf 45.800 MW. Für 2014 schaut es allen Prognosen nach bereits schon jetzt sehr gut aus, die Weichenstellungen in dieser Branche stehen auf Wachstum. Ein Gastkommetar von Sandro Valecchi