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Gastkommentar: Statoil, Norwegisches Brent Crude Oil als Absicherung gegen einen Iran Konflikt?

Zur Deckung des jährlichen Bedarfs importiert die Bundesrepublik Deutschland notwendigerweise rund 100 Mio. Tonnen Erdgas sowie Rohöl. Dies entspricht einem Energiegehalt von gut 1.064 Milliarden Kilowattstunden. Eine Übersicht über die wichtigsten Exportnationen des Rohöls für Deutschland bringt Klarheit über die Aufrechterhaltung der Versorgungslage mit Energie und der voraussichtlichen Preisentwicklung.

Deutschland bezieht Erdöl aus insgesamt 33 Exportstaaten, darunter vor allem aus Russland (36,3 %) sowie aus Kasachstan (8,7 %) und Brent Crude Nordseeöl  aus Großbritannien (14 %) sowie aus Norwegen (9,5 %). Auch Libyen lieferte einen – wenn auch auf 7,8 % der nationalen Einführungen überschaubaren Anteil des hier benötigten, verarbeiteten und verbrauchten Erdöls.

Demnach kommt der aktuellen Nachricht über die Entdeckung eines ergiebigen, neuen Ölvorkommens im von Norwegen beanspruchten Seegrenzverlauf der Barentssee durchaus Bedeutung zu, weil deutsche Wirtschaftsinteressen hiervon zumindest mittelbar berührt werden. Norwegen bedient mit einem Marktanteil von 9,5 % als drittwichtigster Exporteur für Deutschland den nationalen Rohölbedarf. Was die Erdgaslieferungen nach Deutschland betrifft, rangiert Norwegen mit 29 % an zweiter Stelle hinter den Lieferungen, die mit ca. 33 % aus Russland kommen. Bedenkt man die politisch brisante Lage im Mittleren und Nahen Osten, die Umbruchsituation in Nordafrika, der zeitweilige Ausfall von Libyen als ölexportierender Staat, wird offenkundig, dass für die deutsche Wirtschaft das Brent Crude Nordseeöl eine ganz besonders wichtige Rolle für eine auf Kontinuität bedachte Versorgung spielt.

Federführend im Rahmen der Erschließung dieser neuen Ölvorkommen in der Barentssee ist Statoil ASA mit Sitz in Stavanger, ein norwegischer Energie- und Erdölkonzern, der 1972 gegründet wurde und seit 2007 Teil von StatoilHydro ist. Die Marke Statoil ist im Endkunden-Geschäft tätig und betreibt Tankstellen in Nordeuropa und einigen osteuropäischen Ländern. Statoil ist das größte Erdöl-Unternehmen in den nordischen Ländern, in Norwegen das größte Unternehmen und beschäftigt über 25.000 Menschen. Statoil gehört zu den größten Netto-Verkäufern von Rohöl in der Welt und ist ein bedeutender Lieferant von Erdgas auf dem europäischen Kontinent.

Der neue Fund liege in der Nähe eines bereits im April gefundenen Ölfelds, verlautbarte es bereits am Montag aus dem Geschäftsbereich Unternehmenskommunikation. Zusammen sollen in den beiden Förderfeldern „Havis“ und „Skrugard“ mindestens 400 bis 600 Millionen Barrel gelagert sein. „Havis“ sei der zweite ergiebige Fund in der Barentssee innerhalb von neun Monaten, berichtete der CEO von Statoil, Helge Lund. Partner bei dem neuen Ölfeld sind nach Angaben von Statoil mit einer Beteiligung von 30 % der italienische Eni-Konzerntochter „Eni Norge“ (Agip) und die norwegische Staatsfirma „Petoro“, die 20 %  halten wird. Die Förderung soll noch vor Ende des Jahrzehnts beginnen. Lund zufolge ist es wahrscheinlich, dass die Förderung bei den Feldern „Skrugard“ und „Havis“ gemeinsam vorbereitet wird. Neben diesen Vorkommen entdeckte Statoil zuletzt mit der schwedischen Lundin Petroleum die Felder „Aldous Major South“ und „Avaldsness“ in der Nordsee. Für den jungen Unternehmenschef, Chief Executive Officer (CEO) Lund, 49 Jahre jung, ein riesen Erfolg.

Norwegen hat damit seine internationale Stellung als achtgrößte Ölexporteur weltweit behauptet und belegt bei Gas eindrucksvoll Rang 2 im internationalen Vergleich. Mehr zur Statoil Aktie hier . Analyst John Olaisen von Carnegie bewertete den Fund als „extrem positiv“. Dadurch könne die Aktie um ein bis zwei Kronen an Wert zulegen. Aufgrund der jüngsten Entdeckung werde es Statoil gelingen, die Produktionsziele für 2020 zu erreichen, meinen nicht nur die Analysten. Die Norweger planen, ihre gesamte Öl- und Gasförderung um ein Drittel auf 2,5 Millionen Barrel pro Tag im Vergleich zu 2010 zu steigern. Für Deutschland bedeutet dies eine unverhoffte Sicherheit, für den Fall von Ausfällen oder bei Lieferengpässen anderer exportierender Staaten, durch höhte Fördermengen aus Norwegen abgesichert zu werden. Diese Kontinuität in der Versorgungslage kann zugleich Versorgungsengpässe vermeiden und einen Beitrag zur Preisstabilität leisten.

Die geostrategische Lage dieses Vorkommens scheint nach internationalem Recht unstreitig zu sein.  Das entdeckte Ölfeld liegt etwa 200 Kilometer von der Küste Nord-Norwegens entfernt und damit im Kerngebiet auf dem Norwegischen Kontinentalschelf. CEO Helge Lund erklärte erfreut: „Ich glaube, wir werden in der Lage sein, in der Zukunft dort weitere Funde zu machen.“ Allerdings wurde in jüngster Vergangenheit heftig über den Verlauf der Seegrenzen in der Arktis gestritten. Russland und Norwegen haben gerade erst vor wenigen Monaten den Streit über den Verlauf ihrer Seegrenze in der Arktis beigelegt und damit den Weg für die Öl- und Gasförderung in der Barentssee frei gemacht. Die Nachbarländer unterzeichneten einen Vertrag auf der Grundlage eines Kompromiss, der die Aufteilung eines Gebiets regelt, das etwa halb so groß wie Deutschland ist. „Es hat 40 Jahre gedauert, um zu diesem Abkommen zu gelangen“, sagte kürzlich noch der vormalige russische Präsident Dmitri Medwedjew.

Nicht nur rechtlich, auch geologisch ist die Förderung in der Arktis problematisch. Bisher war es für Ölkonzerne sehr schwierig, Öl- und Gaslagerstätten in der Arktis zu entdecken. Durch die anhaltende Eisschmelze wird es jedoch einfacher, vorhandene Ressourcen nördlich des Polarkreises aufzuspüren.

Für den Verbraucher in Deutschland war 2011 ein sehr kostenaufwendiges Jahr, was Energie und den Ölbedarf betrifft. Allein der Liter Heizöl kostete im Jahresdurchschnitt rund 85 Cent und die Preisentwicklung an den Tankstellen ist jeder Kraftfahrerin und jedem Kraftfahrer schmerzhaft bekannt. Der Brennstoff war somit im Vergleich zum Vorjahr 2010 um ein Viertel teurer und die Tendenz ist klar: die Preise für den Brennstoff werden im Jahr 2012 weiter ansteigen. Sandro Valecchi

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