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Gold – Quo Vadis?

Wie wir nun alle sehen konnten ist die Trendwende bei den Rohstoffen und insbesondere aber bei den Edelmetallen alles andere als beschlossene Sache. Ich hatte ja bereits vor meiner kurzen Pause darauf hingewiesen, dass hier die Bäume vorerst nicht in den Himmel wachsen werden, und leider habe ich damit auch Recht behalten. Grund meiner Annahme war in erster Linie der, dass es schon sehr unüblich gewesen wäre, wenn wir nun einen – sozusagen aus dem Stand durchstartenden Markt – sehen würden, ohne noch einmal zu testen ob der neu ausgebildete Boden auch wirklich tragfähig ist. Denn wenn ein Sektor über viele Monate so unter Druck gerät, wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das erste Anzeichen eine ernsthaften Stabilisierung noch einmal einer intensiven Prüfung unterzogen, bevor sich dann tatsächlich ein neuer Trend bildet. Zumindest sind das meine Beobachtungen in den letzten fast 20 Jahren Börse…

Genau dieses angenommene Szenario dürfte nun gerade im Gange sein, weswegen ich mich auch zunächst nur verhalten optimistisch für den Sektor gezeigt habe und Ihnen in der entsprechenden Börsenbrief-Ausgabe zu diesem Thema zu einer eher vorsichtigen Vorgehensweise bei Ihren Engagements geraten hatte. Auch Ich kann Ihnen natürlich nicht mit Gewissheit sagen, ob dieser Test nun grundsätzlich erfolgreich verlaufen wird, aber ich persönlich gehe momentan eher davon aus, dass wir bei den meisten Aktien aus Rohstoff-Sektor keine neuen Tiefstände mehr sehen werden. Exemplarisch möchte ich mir mit Ihnen zusammen heute den Gold-Chart etwas genauer angesehen, da hier die Kursverluste mit am größten gewesen sind:

Gold Chart mit Fibo und Marken

 (…bitte zum Vergrößern zweimal auf den Chart klicken!)

Der Goldmarkt ist seit Donnerstag wieder ernsthaft unter Druck geraten, was natürlich auch mit den erneut negativen Aussagen von Goldman Sachs zusammenhängen dürfte. Ich persönlich finde es doch immer wieder faszinierend welche Marktmacht das größte amerikanische Investmenthaus hat. Kurzfristige Analysen werden hier regelmäßig zur selbsterfüllenden Prophezeiung und müssen somit zwangsläufig auch Beachtung bei der Umsetzung unserer Strategie finden. Wie beim der letzten Negativprognose von GS auch sollte man diesen Aussagen aber wohl mit einer gesunden Skepsis gegenüber stehen und nun keinesfalls in Panik verfallen, auch wenn der Kursrutsch am Donnerstag doch recht beeindruckend war. Denn, selbstverständlich spielen hier andere Faktoren, wie die kommende FED Sitzung eine weitere tragende Rolle, und sorgen für zusätzliche Unsicherheit, die von einigen Adressen mal wieder gezielt genutzt wurde um kurzfristig hohe Profite einzufahren.

Wie man in dem Chart oben sehen kann, hat Gold nun, nach dem starken Anstieg der letzten Wochen, den Trend (grün) wieder deutlich gebrochen. Ein erstes Warnsignal war zuvor das Unterschreiten der hier eingezeichneten schwarzen Linie…Diese Korrektur ist nun mustergültig in einem klassischen Fünf-Wellen-Muster abgelaufen, deren Ende der fünften und (voraussichtlich) letzten Welle noch nicht endgültig feststeht. Ich würde an dieser Stelle aber mal ganz ersthaft davon ausgehen, dass die 1.300er Marke halten wird, und wir eventuell am Freitag bereits das Ende dieser Bewegung gesehen haben. Ob der Goldpreis allerdings nun im Anschluss wieder nach oben drehen wird, kann natürlich nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber zumindest deutlich gegeben. Der positive Fall sieht somit nun so aus, dass der Goldpreis sich ab diesen Niveaus wieder erholen wird und im Optimalfall den grünen Trend wieder aufnehmen kann. Hierfür würde auch sprechen dass mit dem erreichen des 50-ger Fibonacci Retracements der vorangegangene Kursanstieg zu 50 Prozent korrigiert wurde, was ebenfalls mustergültig wäre. Zwar wäre mir grundsätzlich eine kleinere Korrektur bis an die 38er Levels lieber gewesen, aber wie wir alle wissen ist das Börsen-Leben ja kein Wunschkonzert. Der einfache Grund hierfür ist, dass das 50er Fibo Retracement nicht mehr unterschritten werden sollte, weil dann ganz schnell die Stimmung ins Negative kippen kann. Wir bewegen uns aus diesem Blickwinkel  somit noch im grünen Bereich aber nur einen Schritt vom Abgrund entfernt.

Gelingt es hingegen nicht den Preis für das Edelmetall zu stabilisieren, droht ein weiteres Abtauchen in Richtung der hier eingezeichneten roten (!) Linie, die sozusagen die letzte Verteidigungslinie darstellt. Ein nachhaltiges Unterschreiten dieser Zone wäre dann wohl spätestens das Signal die Gold- und Silberpositionen wieder aufzulösen. Ein Rücksetzer bis auf 1.268,- Dollar und ein anschließend starker Anstieg bis in den Bereich um die 1,350,- Dollar würde zudem eine mögliche SKS-Formation produzieren, die den Kurs dann im Anschluss bis in den Bereich um die 1.100,- Dollar je Feinunze führen könnte. Goldanleger sind also aus charttechnischer Sicht erst wieder ab Kursen deutlich oberhalb von 1,350,- Dollar je Feinunze aus dem Schneider…Soweit zu dem Offensichtlichen.

Fazit: Ein Investment in Gold und Silber bleibt eine Glaubensfrage! Der Glaube daran, dass wir keine übermäßige Inflation in den kommenden Jahren erleben werden, kann sehr trügerisch sein. Die Frage ist wohl eher, wo sich diese Inflation zeigen wird, und ob Gold auch einer der Profiteure dieser Entwicklungen sein wird? Bei den Immobilienpreisen und den Aktienmärkten kann man wohl schon davon ausgehen, dass ein gewisser Teil dieser kommenden Inflation gerade eingepreist wird. Bei den Rohstoffen im Allgemeinen und den Edelmetallen im Speziellen lässt dieser Prozess noch etwas auf sich warten. Aber ich bin mir sicher auch hier wird eine Rückbesinnung auf reale Werte stattfinden – und das schon bald!

Am Ende solcher Ãœberlegungen bleibt nur noch die Frage nach dem richtigen Timing…! Bei Gold ist es mittel- bis langfristige dabei wahrscheinlich nicht so entscheidend, ob man es zu 1.400,- Dollar oder 1.300,- Dollar gekauft hat. Wichtig ist wohl nur, dass man überhaupt mit einem Teil seines Kapitals in diesem Segment engagiert ist… Bei den Industrie-Rohstoffen hingegen stellt ein Investment nicht unbedingt eine Versicherung gegen drohende Inflation, sondern viel mehr eine interessante Chance auf eine Wiederbelebung der Emerging Markets, mit entsprechend hohen Gewinnen dar. Doch dazu mehr in den kommenden Tagen auf Investors Inside

Gastkommentar: Rosneft vs. Exxon Mobil

Es geht um die Marktmacht der größten Öl- und Energiekonzerne der Welt und darum, wer künftig in unserer neuen, multipolaren Welt das Sagen in Sachen Preispolitik der wichtigsten Energieressource hat. Das mit Abstand größte Ölgeschäft der globalisierten Welt 2012 ist jetzt fast perfekt. Mit der Übernahme des Öl-Joint Ventures TNK-BP steigt Rosneft (Роснефть) mit Sitz in Moskau zum weltgrößten Energieunternehmen auf. Für 55 Milliarden US-Dollar (42 Mrd. Euro) wird Rosneft die drittgrößte russische Ölfirma TNK-BP schlucken. Sie gehört bislang zu gleichen Teilen BP und AAR, einem Konsortium aus vier Oligarchen. Das Geschäft habe insgesamt ein Volumen von 61 Milliarden US-Dollar (46,76 Mrd Euro), sagte der Chef des russischen Staatskonzerns Rosneft, Igor Setschin, im Rahmen eines Treffens mit Präsident Wladimir Putin. Rosneft kauft vom britischen Energiekonzern BP sowie vom russischen Oligarchen-Konsortium AAR jeweils 50 Prozent an TNK-BP. Auf 4,5 Millionen Barrel (je 159 Liter) pro Tag schätzen Analysten die Fördermenge des neuen Megakonzerns. Es handelt sich um den größten Deal der Ölbranche seit dem Zusammenschluss von Exxon und Mobil 1999. Ex-Vizeregierungschef Setschin ist ein enger Vertrauter von Präsident Putin.

BP plc London steigt zugleich zum zweitgrößten Rosneft-Aktionär – nach dem russischen Staat – auf. Zudem bekommt der britische Konzern zwei Sitze im Aufsichtsrat des Staatskonzerns. Das Geschäft muss nach britischem Recht nicht von den BP-Aktionären genehmigt werden. Mehrere Investoren drängten darauf, die Einnahmen als Dividende weiterzugeben. BP plc teilte in einer Stellungnahme mit, der Konzern würde noch „prüfen, wie das Geld eingesetzt werden soll“. Gleichzeitig kündigte das Unternehmen an, seine „progressive Dividendenpolitik fortzuführen“. Es gilt als wahrscheinlich, dass BP plc einen Teil des Geldes als Reserve behalten wird.

Experten erwarten, dass das neue Russland somit aktiver in die Preisfindung und Marktmacht der globalen Ölindustrie eingreifen wird. Analysten aus der Militär- und Sicherheitsbranche warnen bereits seit Monaten vor einer neuer Formierung und der damit verbundenen Marktmachtkonzentration im besonders sensiblen sowie volatilen Energiesektor in unserer neuen, sich weiter formierenden multipolaren Weltordnung. Die politische Führung in Russland will über den Energiesektor internationalen Einfluss zurückgewinnen. Bilaterale Kooperationen – beispielsweise mit Venezuela und anderen Staaten, die bislang in der besonderen Einflusssphäre mit der ehemaligen UDSSR-Außenpolitik,  werden von Igor Setschin im Auftrage der politischen Kräfte in Moskau konsequent umgesetzt. Wirtschaftlich gesehen geht es um strategische Allianzen.

Geographisch und strategisch gesehen nähert sich das neue Russland dem Ziel, gemeinsam mit den russischen Staatskonzernen und westlichen Partnern, wie BP, die wertvollen Energiereserven im russischen Nordpolarmeer erschließen. Analysten vermuten dort rund ein Fünftel der weltweiten bislang unentdeckten Ölvorkommen. Und vor allem Norwegen fördert dort sehr erfolgreich. Die Norweger hatten erst vor wenigen Monaten einen neuen Fund in der Nähe eines bereits im April 2012 entdeckten Ölfelds erschlossen. In den beiden Förderfeldern “Havis” und “Skrugard” mindestens 400 bis 600 Millionen Barrel gelagert sein. “Havis” sei der zweite ergiebige Fund in der Barentssee innerhalb von neun Monaten, berichtete der CEO von Statoil, Helge Lund. Partner bei dem neuen Ölfeld sind nach Angaben von Statoil mit einer Beteiligung von 30 % der italienische Eni-Konzerntochter “Eni Norge” (Agip) und die norwegische Staatsfirma “Petoro”, die 20 %  halten wird.

Die Förderung soll noch vor Ende des Jahrzehnts beginnen. Lund zufolge ist es wahrscheinlich, dass die Förderung bei den Feldern “Skrugard” und “Havis” gemeinsam vorbereitet wird. Neben diesen Vorkommen entdeckte Statoil zuletzt mit der schwedischen Lundin Petroleum die Felder “Aldous Major South” und “Avaldsness” in der Nordsee. Allerdings wurde noch bis in die jüngste Vergangenheit heftig über den Verlauf der Seegrenzen in der Arktis gestritten. Russland und Norwegen haben gerade erst vor wenigen Monaten den Streit über den Verlauf ihrer Seegrenze in der Arktis beigelegt und damit den Weg für die Öl- und Gasförderung in der Barentssee frei gemacht. Die Nachbarländer unterzeichneten einen Vertrag auf der Grundlage eines Kompromiss, der die Aufteilung eines Gebiets regelt, das etwa halb so groß wie Deutschland ist. „Es hat 40 Jahre gedauert, um zu diesem Abkommen zu gelangen“, sagte kürzlich noch der vormalige russische Präsident Dmitri Medwedjew.

Société Générale Group S.A. stuft aktuell die Rosneft-Aktie (ISIN US67812M2070/ WKN A0J3N5) auf „buy“ mit einem Kursziel bei 8,00 US-Dollar ein. Mit 5,40 Euro pro Anteilsschein liegt Rosneft über dem 52-Wochen-Tief von 4,595 Euro (Stichtag 12.12.) und diese Prognose verspricht eine gute Performance. Sandro Valecchi, Analyst

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