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Der Kampf um Europas Ratingagentur

Gastkommentar: Roland Berger Projekt EU-Ratingagentur gescheitert

Seit Monaten wurde diskutiert.  Gelingt Europa der Aufbau einer großen, Markt- und wettbewerbsfähigen Ratingagentur, die es schafft, die Marktdominanz der großen 3 Ratingagenturen mit Sitz in den Vereinigten Staaten zu brechen? Der Vorschlag von Roland Berger scheint inzwischen mangels Beteiligung gescheitert zu sein. Gestern wagte hingegen Axel Springer einen Vorstoß in Sachen Ratingagentur den man durchaus sinnvoll finden kann. Letztlich geht es aber auch darum wie eine solche Institution international aufgestellt sein muss. Ein Hintergrundbericht:

Ratingagenturen bewerten die Sicherheit von Wertpapieren sowie die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, aber auch von Staaten und werden auch in Zukunft in der internationalen Finanzwelt eine wesentliche Rolle spielen. Im Rahmen der schweren Haushalts- und Verschuldungskrise des Jahres 2011, in dessen Folge sich zahlreiche Staaten, insbesondere in der Euro-Zone mit Schuldtiteln und Staatsanleihen überhoben hatten, eskalierte die Kontroverse um den Sinn und Unsinn der Bewertungen in Form von Ratings durch die 3 großen Agenturen. Die Ratingagenturen bewerteten dabei auch makroökonomische, strukturelle Schwächen, die sie zu sehen glaubten und die sich – aus ihrer subjektiven Sichtweise – negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken würden.

Diese Bewertungsansätze schlugen um ins Gegenteil, führten Weg von der Bewertung von Risiken und störten sowohl Finanzmärkte als auch geplante Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen der EU-Mitgliedstaaten. Die Meinungs- und Deutungshoheit wurde zu exzessiv von den 3 großen US-Rating-Agenturen beansprucht. Kritiker werfen den Agenturen unter anderem vor, durch die Absenkung der Kreditwürdigkeit mehrerer Euro-Länder die Krise der Eurozone mit verursacht oder zumindest ganz erheblich verschärft zu haben. Als Konsequenz aus der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise hat die EU zwar die neue Marktaufsichtsbehörde ESMA geschaffen, die Rating-Agenturen künftig überwachen soll. Allerdings blieb die gewünschte Wirkung zunächst aus, die Märkte beruhigten sich erst zu Beginn des Jahres 2012 wieder.

Wird das Problem also verkannt oder nichts ernst genug genommen und wem soll in Zukunft die Meinungs-, Deutungs- und Bewertungshoheit über die Finanzmärkte und Staaten überlassen werden? Eine immer wieder eingeforderte große, europäische Rating-Agentur scheitert bisher am mangelnden politischen Willen: „Die EU-Kommission will sich nach den Worten ihres nicht am Aufbau einer europäischen Ratingagentur beteiligen“, verlautbarte es aus dem Fachbereich des EU-Kommissionspräsidenten.

„Wir haben nicht vor, irgendeine Variante einer öffentlichen-rechtlichen Ratingagentur aufzubauen“, erklärte EU-Präsident José Manuel Barroso am 06.09.2011 und positionierte sich damit außerhalb der Meinungsblogs in Europa, die den Aufbau einer großen, öffentlich-rechtlich begleiteten Ratingagentur vehement einfordern, um Stabilität und Vertrauen in die internationalen Finanzmärkte wieder herzustellen.

Im Deutschland ergriff man die Initiative und sprach man sich zuletzt zwar für den Aufbau einer EU-Ratingagentur aus, um der marktbeherrschenden Dominanz der 3 großen US-Ratingagenturen entgegenzuwirken und um mehr Konkurrenz – damit auch mehr Wettbewerb – in die Märkte zu implementieren. In Deutschland wurden hierzu 2 wesentliche Positionen vertreten.

  • Die erste Position favorisiert den Aufbau einer großen, öffentlich-rechtlich entlehnten EU-Rating-Agentur. Es handelt sich um eine Initiative von Markus Krall, Partner der Beratungsgesellschaft Roland Berger in Düsseldorf, der für Unterstützer für seine Vision einer europäischen Rating-Agentur – wie auch die Deutsche Börse – wirbt.
  • Die zweite Position spricht sich für ein Joint-Venture mit einer mittelgroßen, aber bereits renommierten US-Rating-Agentur wie Egan-Jones Ratings Company (kurz: EJR), Haverford Township (Pennsylvania), aus, die von den beiden Geschäftsführen Sean Egan und Bruce Jones geleitet wird.

Die zweite Position erschien von Anfang an die schlüssigere, kompatiblere Lösung zu sein, kommentierten Analysten. Zwar gibt es in Deutschland bereits neben Euler Hermes Rating die Agentur Feri EuroRating Services AG mit Sitz in Bad Homburg. Feri EuroRating Services AG erstellt seit über als 20 Jahren Länder-Ratings und erhielt im Mai 2011 von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) die Zulassung als EU-Ratingagentur, verfügt allerdings über keine Zulassung in den USA. Dies halte ich in unserer heutigen Zeit der global vernetzten Finanzwelt für einen Makel und damit einen erheblichen Nachteil.

Zwar unterstellt die EU-Verordnung nun erstmals Ratingagenturen einer staatlichen Aufsicht, dies ist jedoch in den USA ständiger Standard. Damit holt die EU lediglich das nach, was ohnehin bereits Pflicht in anderen Staaten ist. Auch die Pflicht zur Erfüllung bestimmter Auflagen erscheint nur die Wirkung der Schließung einer bislang bestehenden Regelungslücke zu haben. Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten, das Verbot gleichzeitiger Beratungs- und Dienstleistungen für dieselben Mandanten und ein Rotationsprinzip für Analysten in Ratingagenturen sowie eine fortlaufende Berichterstattung vermochten jedenfalls ungeachtet aller massiver Kritik an den 3 großen Ratingagenturen eben diese entweder in Europa in die Schranken zu verweisen oder von den Märkten zu verbannen.

Die Initiative von Markus Krall (Roland Berger) war deshalb nicht nur halbherzig und unschlüssig angedacht, weil der Betrag in Höhe von 300 Mio. Euro für das Start-Up nie zur Verfügung stand. Krall‘s (Roland Berger) Ansatz war zudem stets mit dem Makel behaftet, in den USA keine Zulassung bekommen zu können und damit nicht wirksam global tätig werden zu können. Krall ist bis heute eine Erklärung dahingehend schuldig geblieben, wie er dieses Manko zu lösen gedenkt, zumal es keine abgeschotteten Märkte in unserer Zeit gibt.

Selbstverständlich ist die Zulassung als staatlich anerkannte Ratingagentur entscheidend für ihren Erfolg. In den Vereinigten Staaten sind derzeit 10 Institute als sogenannte „national anerkannte statistische Rating-Organisationen“ (Nationally Recognized Statistical Rating Organization: kurz NRSRO) zum Stand April 2011 zugelassen. Darunter befinden sich die bekannten 3 großen NRSROs wie Fitch, Inc., Fitch Ratings Ltd., Moody’s Investors Service, Inc., Moody’s Analytics, Inc. und Standard & Poor’s.

Egan-Jones Ratings Company hätte beispielsweise im Rahmen eines Joint-Venture Projekts das Fundament für eine erste, große und schlagkräftige EU Rating-Agentur bilden können und die Hürde der Zulassung für den US-Finanzmarkt wäre damit genommen worden. Egan-Jones Ratings Company (kurz: EJR), vertreten durch die beiden Geschäftsführen Sean Egan und Bruce Jones, stammt aus Haverford Township (Pennsylvania). Die 1995 gegründete Firma ist bekannt für die Bewertung von Anleihen US-amerikanischer Unternehmen. Dieses Institut darf sich als „credit rating agency“ (CRA) bezeichnen, weil es über eine amtlich bestellte Zulassung durch die U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) verfügt.

International bekannt wurde EJR mit der Herabstufung (Downgrading) der USA von der Bestnote AAA auf AA+, noch bevor S&P dies wagte. Bislang hatte es noch keine westliche Ratingagentur gewagt, die Vereinigten Staaten herabzustufen. EJR hatte bereits vor dem 02.08.2011, dem „Deal“ in Washington, den nach Angaben der beiden politischen Lager „in dieser Form so keiner wollte“ und faktisch lediglich zu einer Vertagung der US-Schulden- und Haushaltsproblematik führte, die Bonität der USA auf AA+ herabgestuft, mit der Begründung, dass objektiv kein Fortschritt im Rahmen der andauernden Schuldendiskussion in Washington feststellbar ist. Egan-Jones verteidigte standhaft seine Maxime „Accurate Ratings with Predictive Value“ und damit zugleich die schwierige, umstrittene Entscheidung zur Herabstufung der USA im Kreuzfeuer der Kritik. Sandro Valecchi

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