Eine Reihe guter Nachrichten sorgen in der abgelaufenen Handelswoche, in Verbindung mit freundlichen Vorgaben von der Wallstreet, wieder für etwas mehr Kauflaune bei den Anlegern. Hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Meldungen: Mario Monti hat sich zu Wort gemeldet und ganz ausdrücklich darauf verwiesen dass Italien keinen Rettungsschirm brauchen werde, das haben wir allerdings zuvor schon von verschiedenen anderen Staaten gehört, die dann doch Hilfe beantragen mussten. Grundsätzlich ist die Situation in Italien aber eine andere als in Spanien, was nicht heißen soll dass eine Eskalation der Krise in Europa das Land nicht doch in Schwierigkeiten bringen könnte. Genau dieses Szenario sieht der Markt offensichtlich weiterhin kommen, was sich in den weiter steigenden Zinskonditionen der letzten Anleiheauktionen wiederspiegelt.
Ebenso wie in Italien hat sich die Lage für Spanien auf den Anleihemarkt erneut zugespitzt. Wie auch in der letzten Krise haben bei dieser Entwicklung die Urteile der Ratingagenturen ganz wesentlich dazu beigetragen. Während sich die Kreditkonditionen für das Rettungspaket der spanischen Banken also immer freundlicher gestalten, wird es für den spanischen Staat weiterhin eng. Das grundsätzliche Problem des Landes bleibt aber die mangelnde Glaubwürdigkeit der europäischen Politiker und man sollte sich wohl nicht dem Trugschluss hingeben dass selbst eine mögliche, konzertierte Aktion der Notenbanken, nach den griechischen Wahlen, daran mittelfristig etwas ändern wird.
Das was zu befürchten war tritt nun offenbar schneller ein als uns Steuerzahlern lieb sein kann. Die Wahrscheinlichkeit für eine vergemeinschaftete Haftung der Schulden aller europäischer Länder ist in meinen Augen nun noch einmal deutlich gestiegen. Der internationale Druck auf Kanzlerin Merkel stieg ebenfalls in den letzten Tagen signifikant an. Auch die zuvor festgezurrten Konditionen für Griechenland könnten demnächst somit zumindest etwas „aufgeweicht“ werden. In der vergangenen Woche konnte man bereits von Blanko-Zusagen  über Neuverhandlungen der Konditionen in der Presse lesen. Die Angst vor einer unkontrollierten Eskalation der Krise geht um, das ist deutlich spürbar. Der harte Sparkurs, den der Kanzlerin in den letzten Monaten vertreten hat, ist damit wohl schon bald passé, bzw. lässt sich in dieser Form einfach nicht mehr länger aufrecht erhalten.
Grundsätzlich ist der Gedanke einer gesunden Mischung aus Sparpolitik und Wachstumsprogrammen ja auch nicht so verkehrt. Diese Ereignisse zeigen aber leider auch, dass Europa in gewisser Weise offensichtlich erpressbar geworden ist, sei es durch aussenpolitischen Druck, die Macht der Finanzmärkte oder schlicht und ergreifend getrieben durch die Angst des Unvorhersehbaren im Falle eines griechischen Austritts, oder einer weiteren Schieflache Spaniens. Am Ende bleibt auch aus meiner persönlichen Sicht weiterhin eher der Eindruck eines planlosen Rumgewurschtels als das Gefühl dass hier an einem echten Konzept gearbeitet wird. Es steht zu befürchten das dass Spiel auf Zeit somit in eine weitere Runde geht, die erneut sehr teuer werden dürfte. Der endgültige Ausgang dieses Dramas bleibt aber trotz dieser erkauften Zeit mehr als ungewiss.
Aber kommen wir zum eigentlichen Thema…Die Griechen haben gewählt, wird es heute Abend heißen. Gegen 21:00 Uhr wird mit den ersten ernstzunehmenden Hochrechnungen für das amtliche Wahlergebnis gerechnet. Ich bin mir inzwischen gar nicht mehr so sicher welches Ergebnis für wen das beste wäre, und vor allem welche Reaktion an den Finanzmärkten morgen wirklich zu erwarten ist. Der Markt hat in den letzten beiden Handelstagen offensichtlich auf einen positiven Ausgang – in welcher Form auch immer – gesetzt. Nur was wäre eigentlich ein positiver Ausgang? Ein Verbleib der Griechen im Euro-Raum oder eher der Austritt? Wie wir alle wissen gehen die Meinungen bei der Beantwortung dieser Frage weit auseinander. Die spannende Frage ist also was erwarte der Markt? Glaubt man den ersten Hochrechnungen dann steuert das Land erneut auf ein Patt-Situation zu, was wahrscheinlich die schlechteste aller Alternativen ist…
Sieht man sich die Schlusskurse an der Wallstreet am Freitag an stellt sich zwangsläufig die Frage welches der beiden möglichen Szenarien hier nun eingepreist wurde, und ob sich diese Entwicklung ab Montag fortsetzen kann, oder wir genau das Gegenteil erleben werden. Auch ich wage hier keine Prognosen mehr und konzentriere mich weiterhin einfach auf meine Anlagestrategie der letzten Wochen, die ich aber jederzeit revidieren werden, wenn es die Situation erfordert sollte. Noch bin ich verhalten optimistisch, da ich grundsätzlich glaube dass das Thema Griechenland nun weitestgehend eingepreist sein sollte, WENN es ein Wahlergebnis gibt! Das überraschende Moment sehe ich hier somit eher auf der positiven Seite. Bleibt es aber beim Patt und kommt erneut keine Regierungsbildung in Griechenland zustande, bleibt höchstwahrscheinlich auch die Ungewissheit und damit dann wohl auch die Turbulenzen an den Märkten. Ich stelle hier noch einmal kommentarlos den DAX Chart der letzten Woche ein, denn beide möglichen Szenarien sind weiterhin denkbar. Bis zur endgültigen Entscheidung bleibt mein „Spielplan“ unverändert.
Es gibt aber auch noch zwei weitere Ereignisse in der kommenden Woche die durchaus das Potenzial haben die Aktienkurse nachhaltig zu beeinflussen. Zum einen wäre da das G 20 Treffen von dem der Markt nun wirkliche Lösungsansätze erwartet. Sollte auch hier ausser einem netten Treffen bei gutem Essen und Getränken wieder nichts handfestes herauskommen, besteht nach meinem Empfinden die ersthafte Gefahr dass der Markt weiterhin eine Lösung erzwingen wird. Sprich die Kurse werden auch dann weiter fallen und damit wird sich zu allem Übel auch noch die konjunkturelle Lage solange weiter eintrüben, bis irgendwann die große Keule ausgepackt werden muss die diese Krise beendet. Diese Rolle dürfte dann wohl wieder mal nur noch die EZB übernehmen können. Das zweite Ereignis ist natürlich die FED Sitzung am Mittwoch. Viele Marktteilnehmer gehen davon aus dass es nun zu weiteren geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen der FED kommen MUSS.
Die letzten Konjunkturdaten aus den USA sprechen – bis auf wenige Ausnahmen – eine deutliche Sprache. Bis auf den Häusermarkt, der die Talsohle nun offenbar durchschritten hat deutet vieles darauf hin dass die bisherigen Maßnahmen QE1, QE2 und Operation Twist noch nicht den gewünschten Effekt erzielt haben. Somit, und insbesondere im Hinblick auf die bald stattfindenden US Präsidentschaftswahlen, ist die Wahrscheinlichkeit also durchaus sehr hoch dass die Geldschleusen nun noch einmal geöffnet werden. Das würde dann, neben einem wieder deutlich anziehenden Goldpreis, auch die Aktienmärkte regelrecht beflügeln. Wie immer wenn die Mehrheit ein solches Ereignisse erwartet, und der Markt anfängt diese bereits im Vorfeld einzupreisen, ist aber auch eine gewisse Vorsicht geboten. Liefert die FED nicht besteht hier wohl das größte Enttäuschungspotenzial für den Markt.
Wir stehen also wohl vor einer historischen Woche die das Zeug hat die Finanzwelt nachhaltig zu verändern – im Guten wie im Schlechten. Ich wage an dieser Stelle keine Prognosen mehr, werde aber den Markt noch intensiver als sonst beobachten und ggf. schnell reagieren wenn sich das große Geld in Bewegung setzt. Wir erwarten in den nächsten drei Tagen drei sehr entscheidende Ereignisse, und wahrscheinlich kann man erst ab Donnerstag eine wirkliche Neueinschätzung der Situation treffen, was ich im Blog auch zu gegebener Zeit tun werde. Bis dahin wünsche ich Ihnen gute Entscheidungen und eine erfolgreiche Börsenwoche.
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