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Gastkommentar: Bedroht der Ölpreis-Anstieg die Rally ?

Der Rekord-Ölpreis bremst die seit Dezember laufende Börsenrallye zunächst aus. Aktuell erreichte der Rohölpreis sein neues Allzeithoch mit 93,64 EURO für das Barrel (Fass mit 159 Litern) der Nordseesorte Brent in der Spitze. Zugleich wurde damit der bisherige Rekordstand vom 03.07.2011 mit 93,45 EURO pro Barrel überboten. „Brent Crude Oil“ wird an der Londoner Warenterminbörse International Petroleum Exchange gehandelt.

Der überwiegende Teil des Handels mit Öl wird allerdings außerhalb der Börsen abgewickelt; dabei dient der aktuelle Tageskurs für die jeweilige Öl-Sorte als Referenzpreis. So können Spekulationen mit Rohöl dennoch große Auswirkungen auf die Realwirtschaft und die internationalen Märkte haben. Das ist der entscheidende Punkt. Die Allmacht des Rohöls bleibt weiterhin ungebrochen. Es rangiert unangefochten auf Platz 1 der bedeutendsten globalen Energieträger. Der Ölpreis ist damit einer der wichtigsten Faktoren für die globale Wirtschaft und zugleich mit Abstand der wichtigste Wert an den Rohstoffmärkten. Das US-Investmenthaus Goldman Sachs beziffert den Anteil von Rohöl am weltweiten Produktionsvolumen sämtlicher Rohstoffe auf fast 45 %. Damit gilt Rohöl als der mit Abstand wichtigste Rohstoff der Welt.

Das Rekordhoch beim Öl-Preis findet seine Ursache nahezu ausschließlich in der weltweiten Ölnachfrage, die auch auf weiterhin konstant hohem Niveau rangiert, aber auch in der Gewinnmitnahme der Öl-Industrie, gestützt durch die Macht des Kartells. Vorgeschoben für dieses hohe Preisniveau sind Behauptungen, die iranische Regierung habe durch eine Aussetzung der Öl-Lieferungen nach Frankreich und Großbritannien im Vorgriff auf das Öl-Embargo der EU, welches ohnehin erst  mit Wirkung zum 01.07.2012 greift, diesen Preisanstieg bewirkt. Aktuell getrieben wird der Ölpreis sowohl von der steigenden Nachfrage in Schwellenländern, als auch von dem knappen Angebot. Aufstrebende Industriestaaten wie China, Indien und Lateinamerika stützen somit mit ihrem Wirtschaftswachstum und ihrem einhergehenden höheren Energieverbrauch den Ölpreis. Jedoch bleibt ein gesteigertes Angebot aus, da es in den letzten Jahren immer schwieriger wird neue Ölvorkommen zu erschließen.

Für die Öl-Konzerne bietet dies Szenario um das Öl-Embargo gegen den Iran offenbar die passende Ausrede, um bei der sich jetzt bietenden Gelegenheit schlicht und einfach „richtig Kasse“ machen zu können, was offenbar ganz gut funktioniert.

  • Die Allmacht der Kartelle

Die Öl-Konzerne bilden Kartelle, das ist nicht neu. Die Bildung von Kartellen ist zwar kein Kavaliersdelikt, sondern eine kriminelle Handlung, die dem Wettbewerbs- und dem Transparenzgebot völlig zuwider läuft und natürlich kleinere Marktteilnehmer, vor allem Mittelständische Energie-Unternehmen, enorm schadet und der Allgemeinheit, also allen Bürgerinnen und Bürgern, ständig höhere Preise aufzwingt. Ein Kartell im Bereich der Wirtschaft ist eine Vereinbarung oder ein Zusammenschluss selbstständig bleibender Unternehmen oder sonstiger Marktakteure zur Beschränkung des freien Wettbewerbs. Kennzeichnend ist stets eine konspirative Vorgehensweise und Absprache der Unternehmen einer Branche, um Kontrollmechanismen auszuheben, Wettbewerber zu verdrängen, Preise zu kontrollieren und zu bestimmen sowie Abreden zu treffen, die vom Rechtsstaat und der Judikatur nicht mehr nachvollziehbar oder kontrollierbar sind. Unternehmenskartelle gelten seit spätestens der Nachkriegszeit als schädlich für die wirtschaftliche Entwicklung und das Gemeinwohl. Wirtschaftskartelle der Gegenwart sind somit kriminelle Organisationen.

Allerdings gibt es „ungeschriebene Ausnahmen“, sogenannte staatlich geduldete Kartelle. Die Öl-Kartelle sind solche staatlich geduldeten Kartelle. „Günstige Alternativen gibt es kaum. Schuld ist ein ausgeklügeltes System der großen Öl-Konzerne“, konstatiert Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts in Deutschland.

  • Das Geschäft mit der Angst

Internationale Konflikte, beispielsweise das EU-Embargo gegen den Iran, seien Ursache der Preisexplosion. Tatsächlich unterhält EU-Mitglied Großbritannien einige Förderstationen in der Nordsee und ist auf Öl-Importe aus dem Iran nicht angewiesen, könnte beispielsweise norwegisches Öl jederzeit problemlos nachkaufen, soweit dies erforderlich sein sollte. Total S.A. in Frankreich erklärte bereits im Januar 2012, sich an den Embargo-Beschluss der EU zu halten und hatten umgehend seine Importe sowie Zukäufe aus dem Iran bereits gestoppt (etwa 80.000 Barrel pro Tag). Der größte italienische Öl- und Gaskonzern Eni will seine Kapazitäten in Libyen in der zweiten Jahreshälfte wieder voll ausschöpfen. Schon jetzt habe die Ölförderung in dem Land wieder vier Fünftel des Vorkriegsniveaus erreicht, teilten die Italiener mit. Demnach kann es folgerichtig nicht an einer künstlichen Verknappung der Öl-Ressourcen an den Märkten liegen.

  • Margen für das Raffinerie-Geschäft

Vor allem im Geschäft mit Raffinerien, im Marketing und Vertrieb kämpfen die Öl-Konzerne mit sinkenden Margen. Im sogenannten Downstream-Geschäft vergrößerte sich der Verlust beispielsweise beim italienischen Eni-Konzern (Agip) im Schlussquartal von 39 Millionen auf 271 Millionen Euro. Ähnlich wie Eni hatten zuvor bereits Total, Exxon und ConocoPhillips rückläufige Margen in ihrem Raffinerie-Geschäft vermeldet. Diese Verluste sollen über den hohen Endverbraucherpreis wieder wett gemacht werden.

  • Auf Kosten der Realwirtschaft und der Allgemeinheit

Die Börsenrallye wurde vom Ölpreis zunächst ausgebremst und der Aufschwung kann ins Schlingern kommen. Auch die Rezessionsängste könnten wieder aufkommen und die guten Vorgaben der letzten Wochen an den internationalen Märkten wieder zunichte machen. Gefährdet sind dann vor allen Dingen konjunktursensitive Werte, die in den vergangenen Monaten am stärksten profitieren konnten. Hierzu gehören vor allem deutsche Titel, zumal der Dax besonders viele Zykliker enthält, also Firmen aus den Branchen Automobil, Industrie, Chemie oder Baustoffe. Diese reagieren stets ganz besonders sensibel auf konjunkturelle Trendwenden. Sollte jetzt wieder die Stimmung an den Börsen drehen, könnte eine Gegenbewegung einsetzen.

Vor allen Dingen die Automobilwerte, eine Schlüsselindustrie im Hightech Deutschland, würden dann stark verlieren, da diese Titel auch am stärksten unter einem dauerhaften Ölpreisanstieg leiden. Zwar könnten andererseits die Anleger dann wieder vermehrt in dividendenstarke Defensivwerte wie die Deutsche Telekom oder E.on umschichten, die Auswirkungen auf den Dax, den Chart und die Realwirtschaft, die nach Working-Capital verlangt, wäre verheerend...von Sandro Valecchi

Gastkommentar – Profitieren vom steigenden Öl-Preis: BP, ExxonMobil, ConocoPhillips, Shell

Rund 73 Milliarden Euro verdienten im Jahr 2011 die „großen 3“ (Big Three) der Energie- und Mineralölbranche: BP, Exxon Mobil und Shell.

Vom Hauptsitz in London vermeldet BP für das vergangene Geschäftsjahr einem überraschend hohen Profit  und überraschte damit einige Analysten und Marktbeobachter. Der in der Branche als Vergleichsgröße übliche Gewinn zu Wiederbeschaffungskosten lag bei 23,9 Mrd. Dollar (18,18 Mrd. Euro). Selbst 2009, im Jahr vor dem Unglück im Golf von Mexiko, hatte BP nicht soviel Gewinn gemacht wie 2011. Im Vorjahr hatte der Konzern noch einen Verlust von 4,9 Mrd. Dollar eingefahren.

Mit der auf Shareholder Value akzentuierten Unternehmensführung „Wert statt Volumen“ setzt der neuen Konzernchef, CEO Robert Dudley, der infolge der Ereignisse der Öl-Havarie im Golf von Mexiko seit 01.10.2010 Tony Hayward ablöste auf konsequente Konsolidierung des angeschlagenen Konzerns. Shareholder Value kann begrifflich als Marktwert des Eigenkapitals definiert werden und entspricht (vereinfacht) dem Unternehmenswert sowie dem davon abhängigen Wert der Anteile. Aus dem Kurswert der entsprechenden Aktie multipliziert mit der Anzahl der gehaltenen Wertpapiere besteht der Vermögenswert (Value), den ein Anteilseigner (Shareholder) einer Aktiengesellschaft besitzt. Eine auf Shareholder Value angelegte Unternehmenspolitik wird demnach versuchen, den Kurswert der Aktien und damit den Marktwert des Gesamtunternehmens zu erhöhen. Umfassend wird darunter nicht allein eine kurzfristige Steigerung des Börsenkurses, sondern eine langfristige Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität verstanden. Heute wird das Shareholder-Value-Prinzip weltweit von Unternehmen angewandt.

Weltweit erwirtschaftete BP im Jahr 2009 einen Konzernumsatz von 239 Milliarde n USD und beschäftigte 80.300 Menschen. Weltweit werden täglich 83 Millionen Barrel Öl-Äquivalent gefördert. Davon fördert BP täglich 4 Millionen Barrel (circa 57 % Erdöl und etwa 43 % Erdgas). Das Unternehmen integriert rund 22.400 Tankstellen im Konzern und bedient täglich 13 Millionen Kunden.

In Europa ist die BP Europa SE (vor dem 01.01.2010 in Deutschland: Deutsche BP AG) mit ihrem inländischen Tankstellennetz und im Schmierstoffmarkt führend, wobei sie unter den Marken Aral (Tankstellen, Schmierstoffe) sowie Castrol (Schmierstoffe) auftritt. Der Hauptsitz des Unternehmens ist Hamburg. Für das Geschäftsjahr 2010 verbuchte die BP Europa SE in Deutschland einen Jahresumsatz von mehr als 44 Milliarden Euro (knapp 32 Milliarden Euro ohne Energiesteuer). In Deutschland sind mehr als 5.100 Menschen für BP tätig.

CEO Dudley kündigte nunmehr an, erstmals seit der Umweltkatastrophe die Dividende wieder anzuheben. Sie steige im vierten Quartal 2011 um 14 % auf 0,8 US-Dollar. Nach dem Untergang der Förderplattform Deepwater Horizon hatte BP die Dividende zunächst ganz aussetzen müssen und war in große Turbulenzen geraten, musste sich der Forderung nach einer Konzern-Zerschlagung erwehren . Der Untergang der Deepwater Horizon führte zur schlimmsten Ölkatastrophe der Weltgeschichte. 11 Menschen sowie Tausende von Tieren starben, rund 5 Millionen Liter Rohöl flossen fast 90 Tage unkontrolliert ins Meer.

Fazit: Die Unternehmensprognosen für das Geschäftsjahr 2012 hätten sich im Großen und Ganzen mit den Erwartungen gedeckt. BP gehe davon aus, dass die Produktion aller Voraussicht nach in etwa auf Vorjahresniveau liegen dürfte. Von den für 2012 eingeplanten Investitionen von 22 Milliarden USD seien 16 bis 17 Milliarden USD für den Upstream-Bereich und rund 4,5 Mrd. USD für das Downstream-Geschäft vorgesehen. Insgesamt soll bis 2013 der Verkauf von Unternehmensteilen rund 38 Mrd. USD dem Konzern auf dem Weg der Konsolidierung einbringen. Bis 2014 will CEO Dudley so die liquiden Mittel um 50 % steigern. Die BP-Aktie werde wahrscheinlich bei einem 2012-KGV von 7,6 und einem 2013-KGV von 7,0 gehandelt. Das Kursziel der Aktie sehe man bei 5,00 GBP.

Für Analysten ist allerdings klar: BP verdankt seiner überraschend positive Bilanz den deutlich angezogenen Preise für Rohöl, Erdgas und andere Raffinerie-Produkte. Vom hohen Ölpreis-Niveau profitieren ebenfalls die Wettbewerber Exxon Mobil, Conoco Phillips und das britische Unternehmen Shell. Diese Energie-Giganten und globale Mineralölkonzerne hatten bereits in den vergangenen Tagen ihre Milliardengewinne vermeldet.

Exxon Mobil wird für das vierte Quartal des vergangenen Jahres eine Dividende von 0,47 USD je Aktie ausschütten. Außerdem hat der Ölkonzern im Schlussquartal eigene Aktien im Wert von 5 Milliarden USD zurückgekauft. Für 2012 erwarten Analysten eine erneute Steigerung der Dividende sowie eine Fortführung der Aktienrückkäufe. Die Exxon Mobil Corporation ist ein US-amerikanischer Mineralölkonzern, der 1999 durch den Zusammenschluss von Exxon (Standard Oil of New Jersey) und Mobil Oil (Standard Oil Company of New York) entstanden ist. Exxon Mobil gilt als ein direkter Nachfolger der legendären Standard Oil Company.

Die Strategie des Aktienrückkaufs (engl. share buyback) wird bei börsennotierten Gesellschaften wie folgt bewerkstelligt: Die Gesellschaft errichtet an der Börse eine sogenannte „zweite Linie“, wo die Aktionäre ihre Wertpapiere andienen können, anstatt sie auf dem normalen Börsenmarkt zu handeln. Die Gesellschaft ist die einzige Kaufberechtigte dieser zweiten Linie, sie ist aber nicht verpflichtet, auch tatsächlich zu kaufen; die Ausübung der Kaufoption wird davon abhängen, ob genügend Aktien angedient werden. Dieser Aktienrückkauf ist daher nicht mit dem Kauf eigener Aktien zu verwechseln, der im Gegensatz zum Aktienrückkauf keine Veränderung des Grundkapitals bewirkt. Tendenziell wird der Rückkauf von Aktien in Analystenkreisen in der jüngeren Vergangenheit meist positiv bewertet, da hier ein Rückfluss von Kapital an die Kapitalgeber angenommen wurde, der nach Ansicht vieler Kommentatoren steuerlich günstiger behandelt wurde als eine normale Dividendenzahlung. Für eine sachgerechte Bewertung ist aber auch maßgeblich, was mit den zurückgekauften Aktien geschieht.

Exxon Mobil hatte im vierten Quartal 2011 einen Nettogewinn von 9,40 Mrd. USD ausgewiesen und damit die optimistischsten Prognosen der Analysten von 9,85 Milliarden USD verfehlt. Im Vorjahreszeitraum sind noch 10,33 Mrd. USD realisiert worden. Die Exxon Mobil Aktie rangiert derzeit auf einem Kursziel von 81,00 bis 85,00 USD.

Die Frostwelle in Europa hat die Ölpreise und insbesondere die Heizölpreise kräftig nach oben getrieben, hinzu kommt die Sorge um den schwelenden Konflikt mit dem Iran, der Situation in Syrien, die Fragen der Währungsstabilität im Euro-Raum, die das hohe Niveau der Rohöl-Leitsorte Brent weiter befeuern. Analysten sind besorgt, dass eine militärische Eskalation (Iran) die Ölweltmarktpreise um weitere 20 bis 30 % hochtreiben könnten. Sandro Valecchi

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