Ich gebe zu, ich haben den breiten Anstieg der Aktienkurse am vergangenen Donnerstag wirklich nicht verstanden. Mir war sehr wohl bewusst, dass die Anleger einmal mehr den Aussagen des EZB-Zauberers Mario Draghi gefolgt sind und in der Hoffnung einer neuen Liquiditätsspritze der Notenbank kräftig Aktien gekauft haben, aber der tiefere Sinn dieser Price-Action bei den meisten Aktien blieb für mich dennoch im Verborgenen. Denn letztlich hat Supermario nichts wesentlich neues verkündet als die schon fast abgedroschene Phrase: “ Alles nötige zu tun…!“ Auch diese erneute Beruhigungspille („Wir haben den Willen und die Fähigkeit zu reagieren, falls dies notwendig ist“) blieb dennoch kurzzeitig nicht ohne Wirkung, zeigte aber auch deutlich, dass man sich seitens der Notenbanken schon wieder ernsthaft mit Krisenszenarien auseinander setzt und die aktuelle Lage der Weltwirtschaft erste Sorgenfalten auf die Gesichter der Verantwortlichen zeichnet.
Die Aussagen des EZB Notenbankchefs waren mir persönlich etwas zu „dünn“ um darauf zu setzen, womit ich rückblickend wohl auch Recht hatte. Die Quittung für die Euphorie folgte für die Optimisten dann auf dem Fusse. Am Freitag sackten die Börsen erneut kräftig ab und erzeugten ein deutliches Verkaufssignal. Das kann natürlich u.a. dem langen Wochenende in den USA geschuldet sein, denn am heutigen Montag ist Labour Day und die US Börsen bleiben geschlossen. Die Angst davor, dass der chinesische Markt , nach den Feiertagen, am Montag mit einem deutlichen Gap nach unten eröffnen könnte, spielte hier wohl eine ebenso gewichtige Rolle. Dieses Szenario ist bislang nicht eingetreten, aber die chinesischen Indizes notieren heute morgen, nach sehr nervösem Handel, einmal mehr teilweise deutlich im Minus!
Letztlich bleibt aber auch jetzt noch die Unsicherheit darüber, ob die Anleger ihr Vertrauen in die Notenbanken allmählich verlieren könnten…!? Es macht gar den Eindruck, dass nicht mehr alle Anleger den Glauben an die Rettungspolitik der Notenbanken teilen wollen. Einige große Player scheinen allmählich zu der Ãœberzeugung zu gelangen, dass man nicht mehr bedenkenlos jedes Ereignis einer Notenbank zum Geldverdienten nutzen kann, oder sollte. Denn offensichtlich hat China seine Probleme weniger im Griff als man sich das selber eingestehen möchte. Auch wenn an diesem Wochenende die Krise von offizieller Seite mal wieder als beendet erklärt wurde, dürfte sich dies für viele chinesische Anleger, die in den letzten Wochen viel Geld verloren haben, ganz anders anfühlen.
In den USA möchte man seit Monaten eine erste Zinserhöhung durchführen – die vergleichsweise lächerlich ausfallen dürfte, so sie denn irgendwann kommt - traut sich aber nicht! Um das mühsam aufgebaute Gebilde aus zumindest „fragwürdigen“ Arbeitsmarktdaten und überbordendem Konjunkturoptimismus nicht zu gefährden, dürfte dieser Schritt auch weiterhin auf die lange Bank geschoben werden. Auch hier zeigt sich ganz deutlich die Angst davor etwas falsch zu machen. Denn, die aktuell größte Gefahr für die Weltwirtschaft würde ich in aktuell einem weiter steigenden US-Dollar gegenüber anderen Währungen sehen, nicht in China oder sonstwo. Bereits jetzt leiden einige Emerging Markets sehr deutlich unter der Devisen-Entwicklung der letzten Monate. Um diesen Trend nicht weiter zu verschlimmern KANN die US Notenbank die Zinsen eigentlich gar nicht anheben!
Wie ich Ihnen bereits vor Wochen geschrieben habe, gilt es also weiterhin die Entwicklung des Dollars gegenüber diversen Währungen intensiv zu beobachten. Sollte der Dollar nun – bedingt durch eine Zinserhöhung oder nicht – weiter deutlich an Wert gewinnen, sind die Folgen für einige Nationen, die sich extrem hoch in Dollar verschuldet haben, unüberschaubar. Diese Staaten werden ihre Schulden dann möglicherweise demnächst nicht mehr bedienen können, was faktisch zu einer Staatspleite führt. Damit zusammenhängend entwickeln sich natürlich auch nahezu alle in US-Dollar gehandelten Rohstoffe dieser Welt, allen voran das Erdöl. An dieser Stelle sei kurz auf den australischen Aktienmarkt verwiesen, der aktuell erheblich unter Druck steht! Brasilien, Venezuela, Russland und Co. stehen bedingt durch den Ölpreis-Verfall ebenfalls auf der Kippe…
Es bleibt also vorerst alles wie bereits beschrieben. Während die gesamte Welt nur noch auf China zu achten scheint, gibt es durchaus wichtigere Themen denen Sie Beachtung schenken sollten. Den heutigen Handelstag können Sie einigermaßen sicher bereits jetzt abhaken, da wir bedingt durch den US Feiertag keine „echten“ Kurse sehen werden. Die vorbörslichen Indikatoren sind für meinen Geschmack ohnehin mal wieder etwas zu optimistisch…! Ich persönlich erwarte hier auch in dieser Woche nicht allzu viele positive Ãœberraschungen sondern gehe eher davon aus, dass auch verschiedenste saisonale Faktoren nun zu weiteren Verkäufen führen werden. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Start in eine weitere turbulente Handelswoche.