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Das Tragische an Italien

Das Tragische an Italien ist in meinen Augen, dass dieses grosse und reiche Land, dass nun den Euro an den Rand des Exitus bringt und in dessen Staatshaushalt nun auf dem Wege der EZB Anleihenkäufe indirekt auch unsere Steuergelder fliessen, eigentlich gar keine Hilfe benötigt. Denn der durchschnittliche Italiener ist mit ca. 60.000€ Bruttovermögen (je Einwohner Stand 2010) ebenso vermögend wie der durchschnittliche Deutsche.

Die Summe der Vermögen der Italiener ist sogar höher als die gesamte Staatsschuld, die nun die Börsen zum Absturz bringt. Ein privates Überschuldungsproblem oder eine Immobilienkrise wie in den USA gibt es also in Italien keineswegs. Italien ist in mehrfacher Hinsicht ein sehr reiches Land. Und (Nord)-Italien ist im Gegensatz zu Griechenland voller hervorragender Unternehmen mit Weltgeltung, die Italien zu einer relevanten Wirtschaftsmacht machen und dem Land daher eine echte Perspektive verschaffen, aus den Schulden heraus zu wachsen. Beispielhaft seien Benetton, Prysmian, Ferrari (Fiat), Pirelli oder Parmalat genannt.

Aber leider nur Norditalien, denn das Kern-Problem von Italien besteht in meinen Augen aus zwei Teilen . Erstens hat Italien den Mezzogiorno am Bein, der mit seiner Korruption, dem organisierten Verbrechen und dem völlige Fehlen echter Wirtschaftskraft eher an ein Drittweltland erinnert. Und leider ist Rom nicht nur räumlich näher an Palermo als an Mailand. Und zweitens ist Italien seit Jahrzehnten – mit kurzen lichten Momenten – politisch so schlecht geführt, dass unsere Truppe um Merkel & Co. im Vergleich dazu wie ein Ausbund höchster Staatskunst erscheint.

Neben vielen strukturellen Faktoren spielt dabei auch die kulturelle Mentalität der Italiener eine Rolle. Denn eine Regierung muss ja erst einmal von den Bürgern gewählt werden. Und wo sich der durchschnittliche deutsche Wähler emotional nach dem wohligen Gefühl einer gleichmachenden „Gemeinschaft“ sehnt, in der er als Individuum aufgehen kann, schätzt der durchschnittliche italienische Wähler den Habitus des Machos und Machers, der seine wirtschaftliche und persönliche Potenz mit Stolz zur Schau trägt. Deshalb haben in Deutschland Politiker grösste Chancen, die dem Wähler Gleichheit und „Gerechtigkeit“ versprechen, was immer sich dann hinter dem Gummibegriff verbirgt. Und in Italien ist es eben möglich, dass ein Berlusconi mehrfach gewählt wird. Nicht trotz „Bunga Bunga“, sondern gerade wegen des Habitus des Lebemanns und des Images des erfolgreichen Geschäftsmanns.

Insofern besteht Hoffnung, denn eine kompetente, zupackende Regierung könnte das Land und die öffentlichen Finanzen ganz schnell wieder sanieren. Denn die Substanz ist definitiv da. Im Gegensatz zu Griechenland, dass strukturell mangels Industrie immer am Tropf hängen wird, kann Italien also ganz schnell wieder aufstehen. Dafür braucht es aber mehr als eine technokratische Regierung, denn die wird im Hinblick auf die kulturellen Vorlieben der Wähler auch schnell wieder weg vom Fenster sein. Für eine dauerhafte Wende bräuchte es eine Person an der Spitze, die den Hang des italienischen Wählers zur Grandezza befriedigt und trotzdem mit Seriosität und wirtschaftlicher Kompetenz gesegnet ist.

Eine Person wie beispielsweise den ehemaligen Ferrari-Chef, Fiat-Präsidenten und Präsidenten der italienischen Industrie: Luca Cordero di Montezemolo (HS)

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  • sandro valecchi

Berlusconi – und wer hier wirklich verrückt spielt

Soeben vor wenigen Minuten konnten wir es wieder beobachten:

DAX bei 6070. Dann die Meldung: Berlusconi erhält Mehrheit für Rechenschaftsbericht und tritt (noch) nicht zurück. Kurz danach: DAX bei 5990, über ein Prozent tiefer.

Sie finden der Markt spielt verrückt ? Ich bin nicht der Meinung, die Reaktion ist noch zahm und die Hoffnung hat weiter die Oberhand. In Anbetracht von aktuell 6,7% für italienische Staatsanleihen, am Freitag waren es noch 6,2% – mit denen Italiens Schulden schon heute defacto nicht mehr refinanzierbar sind – agiert der Markt ausserordentlich konstruktiv. Man sieht, dass der Markt einfach nur hoch will. Und er würde es auch machen, wenn man ihn mal endlich lassen würde. Dafür braucht es „einfach“ nur berechenbare Politik und glaubwürdige, handelnde Personen. Aber Moment, das Wort „einfach“ war in diesem Zusammenhang natürlich falsch.

Zum dem Thema wer hier eigentlich die Ursache des Übels ist, gibt es einen hervorragenden Leitartikel vom Chefredakteur des Handelsblatt Gabor Steingart. Ich kann Ihnen diesen Artikel zum Angriff auf die Marktwirtschaft nur wärmstens zum Lesen empfehlen ! In meinen Augen ein seltener journalistischer Höhepunkt, den man nicht verpassen sollte.

Wer spielt hier also wirklich verrückt wie ich in der Überschrift frage ? Der Markt ist es in meinen Augen nicht, der agiert im Moment ganz rational und sehr konstruktiv, entlang der politischen Nachrichten.

Ich bleibe in meinen Aktionen am Markt daher so passiv, wie schon seit Wochen. Ich bin 60% Long, kontrollierte Offensive sozusagen. Und ansonsten lege ich die Hände in den Schoss und warte. Geduld ist in diesem Markt eine Tugend ! (HS)

PS: Es gibt nur eine Anlageklasse, die sich von den Dingen oben nicht irritieren lässt und (gerade deswegen) fröhlich hoch schiebt: Gold. Nach dem überzeugenden Ausbruch über 1700 USD sieht das sehr gut aus und ich bin persönlich seit dem Ausbruch signifikant (bezogen auf mein Portfolio mit 20%) Long in Gold, Goldminen und einigen wenigen Silber- und Platinminen. Ich habe vor, das bis zum Jahresende zu bleiben, wenn nicht Überraschendes passiert.

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