Michel Barnier will Europas Banken zur Kasse bitten. „Es ist nicht akzeptabel, dass die Steuerzahler die hohen Rettungskosten im Bankensektor tragen müssen“, wettert der für Finanzmarktregulierung zuständige EU-Kommissar. In allen EU-Staaten müssten nationale Rettungsfonds gegründet werden, die von den Banken mit Zwangsabgaben finanziert werden sollen. Diese Botschaft will der Franzose heute in Brüssel verkünden. „Wir müssen sicherstellen, dass der Finanzsektor künftig für Bankenkrisen zahlt“, heißt es in einem Papier Barniers, das dem Handelsblatt vorliegt.
Damit rennt Michel Barnier in den von der Finanzkrise schwer getroffenen EU-Staaten offene Türen ein. Vor allem in Großbritannien, Irland, den Niederlanden, Belgien und Deutschland hat die Bankenkrise die öffentlichen Haushalte gewaltig belastet. Allein der deutsche Fiskus musste seit Ausbruch der Finanzkrise knapp 100 Milliarden Euro für die Stützung der Geldinstitute ausgeben. Deutschland und andere Staaten planen deshalb jetzt Bankenabgaben, Schweden hat sie sogar schon eingeführt.
Die EU-Staaten haben ihre Pläne bislang allerdings nicht auf europäischer Ebene koordiniert, und das bereitet dem zuständigen EU-Kommissar Sorgen. Die Brüsseler Behörde will verhindern, dass die Banken je nach EU-Staat unterschiedlich stark belastet werden. „Es besteht das Risiko von Wettbewerbsverzerrungen zwischen den nationalen Bankenmärkten“, heißt es in Barniers Papier. Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Regierungen nicht vernünftig zusammenarbeiten, wenn ein grenzüberschreitendes Institut in Schieflage gerät. Die EU-Kommission will deshalb europäische Mindeststandards für Bankenabgaben und Rettungsfonds setzen.
Wie unterschiedlich die EU-Staaten das Problem der Bankenrettung anpacken, zeigt schon ein Blick auf Deutschland und Frankreich. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte im März vorgeschlagen, dass die Banken jährlich 1,2 Mrd. Euro in einen Risikofonds außerhalb des Haushalts einzahlen. Seine französische Amtskollegin Christine Lagarde plant ebenfalls eine Bankenabgabe. Sie soll in Frankreich allerdings nicht in einen Bankenrettungsfonds, sondern direkt in den Staatshaushalt fließen. Quelle: Die ZEIT