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Die Commerzbank und das Schneeballsystem der Staatsfinanzen

Ihre Frage: Was hat die Commerzbank eigentlich falsch gemacht, dass sie nun möglicherweise wieder Staatsgeld braucht ? Das waren doch bestimmt wieder so wilde Zockereien wie bei Lehman ?
Meine Antwort: Seit 2009 Nichts. Nichts seit Martin Blessing 2009 zum Vorstandsvorsitzenden ernannt wurde.

Ihre Frage: Wenn Blessing nichts Wichtiges falsch gemacht hat, wie kann es denn dann sein, dass die Bank nun scheinbar wieder Staatsgeld braucht ?
Meine Antwort: Weil der Markt der Meinung ist, dass die Euro-Staaten das Geld nicht zurückzahlen können, das die Commerzbank ihnen geliehen hat.

Ihre Frage: Wie Bitte ? Die Commerzbank muss sich also von Ihren Schuldnern Geld holen, weil die Schuldner das Geld nicht zurückzahlen können ? Wie absurd ist das denn ?
Meine Antwort: Im Kern richtig. Das nennt man Staatsfinanzierung. Ich nenne das Schneeballsystem. Andere einen „faustischen Pakt“.

Ihre Frage: Das ist ja Wahnsinn. Und woher bekommen die Staaten dann das Geld, mit dem sie die Banken wie die Commerzbank nun rekapitalisieren wollen ?
Meine Antwort: Genau darauf gibt es nun keine stabile Antwort mehr. Von den Amerikanern und Asiaten auf jeden Fall nicht mehr, die ziehen Ihr Kapital gerade aus der Eurozone.

Was Ihnen dieses Frage und Antwort Spiel auf prägnante Art und Weise zeigen soll, ist das das System der Staatsfinanzierung in der Eurozone gerade gegen die Wand gefahren ist.

Denn die Commerzbank hat unter Blessing seit 2009 in meinen Augen tatsächlich nichts getan, was diese erneute Krise nun verursacht hätte. Im Gegenteil, Blessing hat einen guten Job gemacht und die Commerzbank erfolgreich und stabil mit ehrenwertem Geschäft aufgestellt und zwar ohne gewaltiges Investmentbanking ala Deutsche Bank. Mit Geschäft, wie es sich für eine klassische Bank gehört. Und dann hat er auch noch die Staatseinlage zurück gezahlt. Eigentlich ein vorbildlicher Job.

Die Commerzbank leidet schlicht unter dem Erwerb der Eurohypo aus 2005, den Blessings Vorgänger Müller noch eingefädelt hatte. Und das Problem der Eurohypo ist, dass sie als klassischer Hypotheken-Finanzierer mit grossem Staatsgeschäft jede Menge Staatsanleihen aus der Eurozone hält. Was ja eigentlich nichts Schlimmes ist und eher das Zeichen einer konservativen und seriösen Finanzierung war. Eben – WAR – bis Heute. Bis die Staatsschulden in der Euro Randzone eskalierten und die Politik das Problem zu lange verschleppt hat.

Die Commerzbank wird also gerade in den Boden gerammt, weil einige Schuldner der Commerzbank aus Sicht der Märkte defacto Pleite sind. Wäre ich als Privatmann der Schuldner, würde die Commerzbank mein Haus pfänden. Ist der Staat der Schuldner, pfändet er die Bank. Das ist die Realität des Jahres 2011.

Was man daran sieht ist, wie verfahren die Situation nun ist. Denn die Frage ist sehr berechtigt, wer soll denn nun die Staatsanleihen der Zukunft zeichnen und damit all die Schulden refinanzieren, die wir alle haben ? Auch Deutschland hat das Problem übrigens massiv. Damit wurde zu Brandts Zeiten angefangen und in Schmidts Amtsperiode erst zu richtiger Form aufgelaufen. Von Helmut Schmidt stammt sinngemäss der Satz „Lieber ein paar Prozent mehr Staatsschulden, als ein paar Prozent Arbeitslose“. Und das war seine Politik. In seiner Amtszeit wurde die Schuldenlast des Bundes ungefähr verdreifacht. Genau dieser Schmidt, der nun glaubt mit 92 jeden Tag Ratschläge geben zu müssen, die er sich mit 70 noch klugerweise verkniffen hat. Und alle Regierungen danach, egal welcher Coleur, haben auf dem Weg fröhlich weitergemacht. Bis heute, bis uns die Wand anstarrt und es nicht mehr weitergeht. Denn auch Deutschland ist eigentlich überschuldet, man merkt es im Moment nur nicht, weil wir noch die Einäugigen unter den Blinden sind.

Wer nimmt uns also in Zukunft unsere Staatsanleihen ab, die wir für all die Wohltaten der letzten 4 Jahrzehnte schon längst ausgegeben haben ? Amerikaner und Asiaten ziehen sich schon aus der Eurozone zurück. Die Banken und Versicherungen die bisher immer wild die Staatsanleihen gekauft haben, versuchen diese nun loszuwerden. Da ist also niemand. Was bleibt also ?

Zwei mögliche Antworten:

1. Wirtschaft und Privatleute. Wir also und unser Kinder und Enkel. Ãœber Steuern, Zwangsanleihen (alles schon da gewesen) und andere Erfindungen, bei denen mit Sicherheit Begriffe wie „solidarisch“ oder „nachhaltig“ im Namen enthalten sind. Oder noch radikaler durch Enteignung via Schulden- bzw. Währungs-schnitt (auch schon da gewesen).

2. Niemand. Zunächst auf jeden Fall. Einfach in dem die Notenbank solange Geld „schöpft“ (= wie ein Alchemist aus dem Nichts erschafft) wie es noch Menschen gibt, die dieses Papier nehmen und für wert halten.

Das 2. nicht ewig geht ist wohl klar. Dann folgt wieder der Währungsschnitt. Alles auf Los. Das Schicksal allen Papiergeldes. Das ist die traurige Situation in der wir nun stecken. Gedankt sei allen die daran mitgewirkt haben, wir als Wähler der letzten Jahrzehnte ausdrücklich eingeschlossen.

Ihre (ungeduldige) Frage, weil ich nun ins Allgemeine abschweife und zuviel rede : Und die Commerzbank Aktie ?
Meine Antwort: Ich finde das aktuelle Schweigen bestätigend und beredt. Die Commerzbank muss wohl wieder zum Soffin, ich denke sonst gäbe es schon längst laute Dementis. Und dann wird wohl Blessing zurücktreten. Und ob für die Aktionäre der Commerzbank dann noch etwas übrig bleibt, ist äusserst unklar. Denn aus Sicht des Stammtisches sind die Aktionäre ja die Bösen, sollen doch diese „Geldsäcke“ mal endlich bluten. Und die Politik hat ein Interesse an diesem Bild. Fühlt sich hier jemand als „Geldsack“ angesprochen ?

Ach wenn es nur so einfach wäre ….

Ihre abschliessende Frage: Und was bedeutet diese Situation für den Markt als Ganzes ?
Meine Antwort: Wenn diese Abwärtsspirale nicht ganz schnell durchbrochen wird, geht es weiter abwärts – und zwar deutlich, spätestens 2012. Wir haben eine massive Vertrauenskrise. Und in einer Vertrauenskrise gelten die normalen Regeln normaler Märkte nicht mehr, sonst wäre ich jetzt optimistisch für den Markt, auch mittelfristig. Trotzdem halte ich es kurzfristig für möglich, dass wir einen Bounce erleben, auch wenn er heute nicht so richtig kommen wollte. Meine Shorts habe ich heute Abend glatt gestellt und bin im Tradingdepot nun neutral.(HS)

PS: Auch ich habe übrigens mit der Commerzbank viel Geld verloren, weil ich zulange das positive operative Geschäft gewürdigt und diese Eskalation der Staatsanleihen-Krise nicht in aller Härte erkannt habe. Aber das ist vorbei, die Commerzbank ist in meinem Depot Geschichte. Eigentlich schade um eine Bank, die eine gute Aufstellung hatte.

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