Die High-End Grafikkarten der Spielecomputer und Spielekonsolen kommen von nVidia. Die Spieleindustrie hat eine Reihe von neuen Versionen auf den Markt gebracht und Spieler rüsten ihre PCs auf. nVidia dürfte davon profitieren, wie auch vom anhaltenden Boom bei Netbooks, Smartphones und Touchpads, für die ein spezieller Graphikchip entwickelt wurde. Nach dem Quartalsergebnis heute Abend nach US-Börsenschluss (gegen 22.10 Uhr) wissen wir mehr.
INTERAKTIVES KINO IN ECHTZEIT AUF IHREM PC
In diesen Tagen ist die neue Version von „Call of Duty: Modern Warfare“ auf den Markt gekommen. Nein, Ihr Autor hat keine Kriegsspiele auf seinem Computer und kann sich mit solchen Spielen auch nicht anfreunden. Doch wenn Sie sich wünschen, dass ich mir nVidia näher anschaue, wann muss ich Ihnen von den graphischen Möglichkeiten der modernen Spiele berichten. Und wenn Sie, so wie ich, auf CNBC die Werbung für „Call of Duty“ sehen, dann können Sie die Szenen von einer aufwändigen Hollywood-Produktion kaum unterscheiden.
Da steuern Sie als Spieler einen Helikopter und die gesamte Landschaft um sie herum wird entsprechend ihren Flugbefehlen perspektivisch mit einer Detailgenauigkeit angezeigt, die an einen Kinofilm erinnert. Nicht ohne Grund sind Spielecomputer heute die High-End Geräte, die meist individuell zusammengestellt werden. Und neben dem Prozessor ist vor allem eines wichtig: die Grafikkarte.
nVidia ist Marktführer in diesem Bereich. Intel versucht schon seit Jahren mit seinen „On Board“-Grafikchips den Markt zu erobern, schafft dies jedoch nur im unteren Preissegment, wo weder die Leistung noch der Stromverbrauch kritisch ist. Sobald es anspruchsvoll wird ruft Intel bei nVidia an und lizensiert sich deren Produkte. Alleine kriegt der Weltkonzern Intel keine wettbewerbsfähigen Grafikchips im High-End Bereich hin.
So ist es für nVidia letztlich egal, ob die eigenen Chips verkauft werden oder ob Intel über bessere Verkaufskanäle verfügt – am Ende landen die Lizenzgebühren auch von den Intel-Verkäufen bei nVidia. Was für nVidia jedoch wichtig ist, sind neue Spiele, die nach High-End Grafikkarten rufen.
Sei es also „Call of Duty“ oder aber „Need for Speed“, ein extrem realistisches Autorennen, oder aber die Bundesliga, die mit unseren echten Spielern sehr realitätsnah abgebildet wird, der Spielespaß wird um so ergreifender, je realitätsnäher die Grafik ist. Und je mehr aufwendige Spiele auf den Markt kommen, desto mehr Spieler holen sich High-End Rechner mit Grafikkarten von nVidia.
NEUER SPIELEZYKLUS HAT BEGONNEN
Die Spieleindustrie hat sich in den vergangenen Jahren etwas zurück gehalten. Die Anfangsjahre, in denen jährlich neue Spiele erfunden und für die bestehenden neue Versionen auf den Markt gebracht wurden, sind vorbei – die Entwicklung ist inzwischen eine sehr komplexe Angelegenheit, die gerne mal mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann. Bei Activision beispielsweise haben 1.500 Entwickler an der Programmierung von der neuen Version von „Call of Duty“ gesessen.
Nun ist es aber so weit und neben Acitivision hat auch Electronic Arts einige neue Spiele angekündigt, die in der nächsten Zeit auf den Markt kommen. Bei nVidia ist die Flaute der letzten Jahre deutlich zu sehen, der Umsatz in den Jahren 2009 und 2010 war rückläufig, erst in diesem Jahr wird wieder das Niveau von 2008 erreicht.
QUARTALSZAHLEN AM HEUTIGEN DONNERSTAG
Heute Abend nach US-Börsenschluss, also gegen 22:10 Uhr, wird nVidia seine Quartalszahlen veröffentlichen. Ich erwarte, dass die Zahlen besser sind als von Analysten geschätzt. Gleichzeitig haben wir gestern im Rahmen des Ausverkaufs ein Minus von 5% gesehen, was die Chance für eine positive Reaktion auf die Zahlen erhöht.
Es wird ein Quartalsgewinn von 0,26 USD je Aktie erwartet bei einem Umsatz von 1,059 bis 1,078 Mrd. USD. Das entspricht einem Wachstum von 4% bis 6% gegenüber dem Vorquartal. Vor zwei Wochen hat Wettbewerber AMD gute Zahlen präsentiert, was Rückschlüsse auf nVidia zulässt. Dennoch notiert die Aktie heute, nach dem gestrigen Ausverkauf, deutlich unter dem Kurs von vor der AMD-Meldung.
In sämtlichen Berichten über nVidia lese ich überwiegend über den neuen Sparchip Tegra3, ein Grafikchip für Netbooks, Smartphones und Touchpads. nVidia könne in diesem Segment nicht richtig Fuß fassen. Außerdem lasten Gerüchte über eine Produktionsdrosselung des iPhone 4S von Apple auf dem Markt, man fürchtet, der Smartphoneboom könne eine Verschnaufpause einlegen.
Vom Spielemarkt, der aktuell von einigen neuen Spielen belebt wird, redet keiner der Analysten. Dabei hat nVidias CEO Jen-Hsun Huang noch im September die Unternehmensprognose nach oben revidiert. Als Grund nannte er die starke Nachfrage nach High-End Spielecomputern aus China.
BEWERTUNGSNIVEAU FAIR
Bei einem erwarteten Umsatzwachstum von 12% p.a. kann ich nicht sagen, die Aktie ist mit einem KGV 2012e von 12 günstig bewertet (PEG =1). Doch wenn Sie sich anschauen, dass 4 US-Dollar je Aktie oder 30% der Marktkapitalisierung als Nettoliquidität in der Bilanz stehen, also in bar verfügbar sind, ergeben sich ganz andere Bewertungskennziffern. Das liquiditätsbereinigte KGV beträgt also nur noch 9.
CEO Huang sagte noch etwas, als er die Prognose anhob: Die angehobene Prognose sei extrem konservativ. Das ist Analystendeutsch für „Wir werden sicherlich noch besser abschneiden, als heute prognostiziert“. Und eine solche Aussage macht man entweder, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, oder wenn man davon wirklich überzeugt ist. Mit 2,5 Mrd. USD in bar bei der Bank steht man nicht mit dem Rücken zur Wand.
KURS IM JAHRESVERLAUF UNTER DRUCK
Im Januar stand die Aktie noch bei 19 Euro, im Rahmen der jüngsten Krise ist die Aktie bis auf 8,30 Euro ausverkauft worden. Aktuell notiert die Aktie knapp über 10 Euro. Seit dem Tief Mitte August hat sich bereits ein leichter Aufwärtstrend etabliert, an dessen unterer Begrenzung die Aktie mit 10 Euro derzeit notiert. Sollten die Quartalszahlen für eine positive Überraschung sorgen, so könnte sich die Aktie in Richtung 12 Euro auf den Weg machen.
CHARTTECHNIK
Hier finden Sie eine ausführliche charttechnische Analyse der amerikanischen nVidia Corp. von unserem Kooperationspartner in Sachen Charttechnik LRT-Finanzresearch.de.
MEINE EINSCHÄTZUNG: SPEKULATIV KAUFEN!
Ich denke, die Bedeutung der Markteinführung neuer Spiele wird derzeit noch unterschätzt, wie auch die Kaufwut der neuen chinesischen Mittelschicht sowie die treue Kauffreude der bereits etablierten Spieler in den westlichen Ländern. Vielfach wird nicht gleich ein neuer PC gekauft sondern der alte lediglich etwas aufgerüstet – und da ist die Grafikkarte ein beliebter Optimierungsort für eine verbesserte Performance.
Die Gerüchte über einen sich abschwächenden Touchpad- bzw. Smartphonemarkt mehren sich und ich möchte mich hier nicht so weit aus dem Fenster lehnen und diese Gerüchte als haltlos bezeichnen. Aber für nVidia ist es ein neuer Markt, der ein zusätzliches Potenzial birgt. Der neue Tegra3 wird wohl demnächst im Eee-PC von Asus verwendet (Transformer), das ist ja schon einmal ein recht umsatzstarker Kandidat.
HTC, LG, Samsung und andere (alle außer Apple) führen Tests durch und da wird ebenfalls noch der eine oder andere Neukunde abfallen.
Das alles sind also Entwicklungen, die gerade in diesen Wochen begonnen haben oder bald beginnen werden. Nicht ohne Grund hat CEO Huang die Prognose angehoben, doch wie sieht es bei den Zahlen für das abgelaufene Quartal aus?
So bullisch ich also für die Aktie mittelfristig eingestellt bin, so vorsichtig sollten wir vorgehen. Ich denke, dass die Zahlen im Rahmen der Erwartungen ausfallen sollten. Wichtiger als die Zahlen jedoch ist stets der Ausblick und in seinem letzten Ausblick wurde die Prognose bereits angehoben. Wird nVidia heute erneut eine Prognoseanhebung vornehmen oder nicht?
Da die Aktie in meinen Augen unter Berücksichtigung der dicken Barreserven günstig bewertet ist, halte ich das Rückschlagspotential für überschaubar. Die Chance auf einen Kurssprung ist jedoch gegeben, da ein positiver Ausblick die günstige Bewertung aufdecken würde.
FAZIT: SPEKULATIV KAUFEN!
Wer also eine Spekulation eingehen möchte, der kann dies mit nVidia tun. Der Markt ist turbulent und die Kursrichtung wird derzeit eher von Gerüchten als von Fakten bestimmt. Das Risiko ist also groß, in so turbulenten Zeiten auf eine positive Überraschung und insbesondere deren entsprechende Würdigung im Markt zu setzen. Doch mit einer kleinen Position wäre in meinen Augen das Risiko überaschaubar.
ÃœBER DEN AUTOR: STEPHAN HEIBEL
Stephan Heibel ist Autor und Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, der wöchentlich kostenfrei per E-Mail verschickt wird. Darin werden die Hintergründe zu Kursbewegungen an den Finanzmärkten aufgezeigt und erklärt. Interessante Tradingideen werden daraus abgeleitet. Sie können sich unter http://www.heibel-ticker.de unverbindlich eintragen.
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Stephan Heibel